Die Rote Allergie

betr.: 105. Jahrestag der Gründung der Communist Party USA

Seit Charles Ruthenberg und der in Görlitz geborene Alfred Wagenknecht die Kommunistische Partei der USA gegründet haben, geht dortselbst ein Gespenst um: die Red Scare, die Rote Angst. Mit ihr ließ sich immer und lässt sich auch heute noch, nachdem das Gros der kommunistischen Regime gescheitert ist, großartig Wahlkampf machen. Man muss eine Sache nur als Sozialismus bezeichnen, und schon sehen viele US-Bürger selbst bei den gemeinnützigsten Ideen rot.
Zu den derart Überempfindlichen gehörte leider auch die Autorin Ayn Rand, die sich in ihrer sowjetischen Heimat immerhin ein veritables Kommunismus-Trauma eingefangen hatte.

Dennoch sind ihre Schriften stets auf- und anregend, bis heute überaus relevant und diskussionswürdig. Ihr zweiter großer Roman „Atlas wirft die Welt ab“ kam zu einem Zeitpunkt heraus, an dem der Kalte Krieg förmlich kochte (wenn das schiefe Sprachbild erlaubt ist), im Jahre 1957.
Es gehört für mich zum Faszinosum der Rand-Lektüre, dass ich mich regelmäßig über sie ärgere oder doch zumindest angerempelt fühle.
Einmal kreuzte sie sich mit einer Phase, in der ich mit großen Gewinn in die Kriminalgeschichten von Gilbert Keith Chesterton vertieft war (auch er ein Schriftsteller, der parallel als Philosoph tätig war). In „Atlas“ lässt Rand ihn nur flüchtig maskiert als miese Nebenrolle auftreten: „Gilbert Keith-Worthing war Charmers‘ Gast, ohne dass sie beide den Grund dafür erkennen konnten. Er war ein britischer Romanschriftsteller von Weltruhm, der vor dreißig Jahren sehr beliebt gewesen war. Seitdem machte sich niemand mehr die Mühe zu lesen, was er schrieb, aber er galt jedem als wandelnde Legende. Er wurde als tiefsinnig angesehen, weil er Dinge sagte wie: ‚Freiheit? Lasst uns doch aufhören, über Freiheit zu sprechen. Freiheit kann es nicht geben. Der Mensch kann nie von Hunger frei sein. Warum sollte er sich gegen die Tyrannei einer politischen Diktatur zur Wehr setzen?‘ Als ganz Europa die Ideen, die er predigte, umgesetzt hatte, siedelte er nach Amerika über. Mit den Jahren waren sowohl sein Schreibstil als auch sein Körper schwammig geworden. Mit siebzig war er nun ein fettleibiger alter Mann mit gefärbtem Haar und einem verächtlichen Zynismus, der von Sprüchen der Yogis über die Sinnlosigkeit allen menschlichen Strebens durchsetzt war. Kip Chalmers hatte ihn eingeladen, weil es ihm vornehm erschien. Gilbert Keith-Worthing war mitgekommen, weil er sonst nichts Besonderes vorhatte.“

Dieser Beitrag wurde unter Gesellschaft, Literatur abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert