betr.: der Einzelhandel in der Corona-Krise / Konsumtempel als Filmthema
Die Corona-Krise beschleunigt den bereits voranschreitenden Niedergang der Konsumtempel – der Kaufhäuser und Shopping Malls -, und möglicherweise besiegelt sie ihn sogar. Ein knappes Jahrhundert säumten solche Einkaufsparadiese unsere Innenstädte. Seit einigen Jahren wirkt dieses Rundumversorgungs-Modell überholt, und man shoppt lieber am PC. Die Häuser schließen, und verödete Einkaufszentren sind zusammen mit verrotteten Fabrikhallen Gegenstand mehrerer Bildbände vom „Scheitern des amerikanischen Traums“.
In seiner langen Erfolgsgeschichte war das Warenhaus immer wieder der Schauplatz von Filmkomödien. Schon der frühe (noch sehr anarchische) Charlie Chaplin legte eine Flucht auf der Rolltreppe hin (die in rasendem Tempo aufwärts fuhr, während die Schauspieler abwärts zu rennen versuchten). In seiner reiferen Phase kehrte er noch einmal dorthin zurück: in „Moderne Zeiten“ amüsierte er sich in einem menschenleeren Kaufhaus und spielte mit Rollschuhen und dem Kindheitstraum, nachts an einem Ort herumzulungern, der eigentlich versperrt ist. Wenige Jahre später trieben „Die Marx Brothers im Kaufhaus“ ihr Unwesen, gefolgt von Kurt Weills Broadway-Musical „One Touch Of Venus“, das später verfilmt wurde. 1963 lieferte Jerry Lewis mit „Der Ladenhüter“ das große Comedy-Kompendium zu diesem Thema.
Doch auch in der kleinen Form bewährte sich der Schauplatz: bei Tom und Jerry in „I’m Just Wild About Jerry“, bei „Mit Schirm, Charme und Melone“ in „Death At Bargain Pieces“, für Fred Astaire in der Eröffnungsnummer von „Easter Parade“ und der Schuh-Nummer in „The Barkleys Of Broadway“, für Lucille Ball in ihrer Episode „Lucy Meets Orson Welles“, für den rosaroten Panther in „We Give Pink Stamps“ – um nur einige zu nennen. Rudi Carrell, der stets ein Faible für aufwändige Sets hatte, ließ sich ein Warenhaus jeweils für „Die Rudi Carrell Show“ und für „Am laufenden Band“ errichten.
Die Serie „The Twilight Zone“ gab dem Einkaufsparadies in „The After Hours“ eine makabere Note, mit der sie nicht nur die eingangs erwähnte reale Entwicklung ahnen ließ, sondern den fröhlichen Handlungsort als kommende Chiffre für die Apokalypse erschloss. Stephen Sondheim könnte sich in seinem TV-Musical „Evening Primrose“ darauf bezogen haben. 1971 ging Charlton Heston als „Der Omega-Mann“ regelmäßig im entvölkerten Los Angeles „einkaufen“, das bei Nacht von lichtscheuen Seuchenkrüppeln heimgesucht wurde – eine Blaupause für die Zombies, die sich heute in Film und Fernsehen so gerne in verödeten Malls verkriechen.
Der grauenvollste Kaufhaus-Film ist gewissermaßen „The Blockhouse“ von 1972, einer der ganz wenigen Versuche des Komikers Peter Sellers, in einem Drama zu reüssieren. Bei einem Bomberangriff im Zweiten Weltkrieg werden acht Männer in einem Bunker eingeschlossen, in dem die Nazis diverse Nahrungsmittel und Luxusgüter gehortet haben. Da es kein Wasser gibt, müssen sie den Wein allerdings zum Waschen benutzen, und die Kerzen sind ihre einzige Lichtquelle. Lebendig begraben vegetieren die Männer dahin. Wer lange genug durchhält, verfällt dem Wahnsinn.
Sellers‘ Produzent bezeichnete „The Blockhouse“ als eine der besten Leistungen des Schauspielers, als „seinen ‚Macbeth‘, wenn Sie so wollen“, doch der Film wurde niemals regulär gezeigt.
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