Die wiedergefundene Textstelle: Menschheit auf der Flucht

betr.: 136. Geburtstag von Olaf Stapledon

Um dem Sujet seines launig formulierten Sachbuchs „Terraforming – Städte im Weltall“ den Boden zu bereiten, erzählte Johannes v. Buttlar 1995 zunächst eine kurze Sittengeschichte des Klimawandels. – Der Begriff Terraforming wurde 1942 vom Science-Fiction-Autoren Jack Williamson geprägt, doch das Konzept hat schon zwölf Jahre zuvor Olaf Stapledon in „Die ersten und die letzten Menschen“ propagiert. In diesem Buch legen irdische Kolonisten (in Wirklichkeit nicht existierende) Ozeane auf der Venus trocken, um durch Elektrolyse Sauerstoff zu gewinnen.
Aber zurück zu uns …

Fast immer stand der Aufstieg von Hochkulturen in Zusammenhang mit günstigen klimatischen und geographischen Bedingungen. Die einst in den fruchtbaren Tälern des Euphrat und Tigris beheimateten Kulturvölker sind dafür der beste Beweis. Ihr Untergang und die Vernichtung der von ihnen begründeten mächtigen Reiche wurde über viele Jahrhunderte neben internen Fehden auch barbarischen Eindringlingen zugeschrieben, die diese Reiche militärisch unterwarfen. Inzwischen setzt sich aufgrund vielfältigen Beweismaterials immer mehr die Überzeugung durch, dass der Untergang vieler einstiger Hochkulturen und ihrer Großreiche zwar sowohl auf inneren Zerfall als auch auf feindliche Überfälle, in ganz bedeutendem Umfang aber auch auf entscheidende klimatische Veränderungen zurückzuführen sein dürfte.
Von der Jungsteinzeit an bis vor etwa hundert Jahren hat der Mensch auf bedrohliche Klimaveränderungen immer mit einem Standort wechsel reagiert. Er hat sein Domizil gewechselt und sich auf Wanderschaft begeben. Seine Wanderwege waren schon immer durch Zerstörung gekennzeichnet: Wälder wurden abgeholzt, der Boden bis zur Erschöpfung beackert. Die Folge war, dass das biologische Gleichgewicht aus den Fugen geriet und Klimaveränderungen eintraten: Quellen versiegten, Flüsse trockneten aus, Pflanzen verdorrten. Die überlebende Fauna – und mit ihr der Mensch – machte sich auf die Suche nach einem neuen Lebensraum.
(…) Dereinst war auch die Wüste Sahara ein fruchtbarer grüner Landstrich. Noch heute sind vom Flugzeug aus die ausgetrockneten Flussbetten bis ins südliche Äquatorialafrika hinein zu erkennen. Doch die Römer holzten die üppigen Wälder ab und machten Nordafrika zur Kornkammer ihres Weltreichs – bis sich die Böden erschöpften, das Land verdorrte und zur Wüste wurde. Erbarmungslos dringt der Sand noch heute weiter nach Süden vor und wird die küstennahen Weideländer – die Sahel – in absehbarer Zeit verschlungen haben.

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