Schreck in der Geisterstunde

betr.: Heimat-Medienkunde

Kurz bevor 1984 das Privatfernsehen in Deutschland eingeführt wurde, versuchte Radio Luxemburg, das Publikum schonend auf eine völlig neue Erfahrung vorzubereiten: die „Unterbrecherwerbung“. Es sollte nun tatsächlich jeden Abend einen Werbeblock geben, für den ein Spielfilm mehrere Minuten lang angehalten wurde – ein Skandal, ein Kulturbruch, eine Zeitenwende. Der Sprecher beeilte sich mit dem Hinweis, das geschähe zu einem geeigneten Zeitpunkt der Handlung und „nicht ausgerechnet in dem Moment, da der Mörder das Messer hebt“. Außerdem war damals noch keine Rede davon, mehrere Werbeblöcke in einen Film zu schalten. Auch die Unterbrechung von kürzeren Formaten wie Serienepisoden sollte erst Jahre später einsetzen.
Wie man sich erinnert, sendete das Deutsche Fernsehen damals nur vom Nachmittag bis in den späten Abend (was sich erst mit dem zweiten Golfkrieg von 1990/91 ändern sollte).
Die Öffentlich-Rechtlichen durften ohnehin nur bis 20 Uhr werben und waren neidisch auf die private Konkurrenz – zumal sie gar keine Spielfilme unterbrechen konnten, da am Vorabend nur eigens für diesen Programmplatz produzierte Serien liefen.
Eine Weile wurde darüber nachgedacht, zwischen Mitternacht und Sendeschluss mit Nationalhymne noch einen Werbeblock einzubauen – denn das hätte die Regel, nur vor 20 Uhr zu werben, ja nicht verletzt. Die Idee wurde  intern verworfen, ehe sie im Feuilleton ausdiskutiert werden konnte. Ich fand das schade, denn für diese Werbeinsel war bereits ein hinreißender Name gefunden worden: „Dracula-Block“.

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