betr.: 47. Todestag von Groucho Marx
Den Titel „Die Marx Brothers im Krieg“ erhielt der Film „Duck Soup“ (sinngemäß etwa: „kleine Fische“) gemeinsam mit seiner deutschen Synchronfassung, die im Februar 1967 herauskam. Diese Wahl unterstreicht die langjährige und unveränderte Einordnung des Werkes als Komödie mit politischen Untertönen.
Die 13 Marx-Brothers-Filme bilden in der heutigen Rezeption eher ein Gesamtkunstwerk als das man sie einzeln analysieren würde. Sie werden en bloc und aus Prinzip geschätzt, sind sie doch der lebendigste Teil dessen, was von der legendären Komikertruppe geblieben und allgemein zugänglich ist, die ihre Wurzeln im Vaudeville und am Broadway hat.
Groucho Marx, ältester der Brüder und „Chef der Marx Brothers“ (so der Untertitel der deutschen Ausgabe von Charlotte Chandlers Biographie) hielt „A Night At The Opera“ und „A Day At The Races“ für ihre besten Filme. Doch „Duck Soup“, den mit Leo McCarey der unstrittig beste Kinoregisseur des Teams inszenierte, hat es zum Kultstatus gebracht.* Der Katholische Filmdienst lobte ihn gar als einen „Höhepunkt der amerikanischen Tonfilmkomödie, an Geschlossenheit den anderen Marx-Brothers-Filmen überlegen“.
Letzteres kann ich nach einem Wiedersehen nach langer Zeit nicht nachvollziehen. Die meisten Gags könnten auch aus jedem anderen Marx-Film stammen, und eine Dramaturgie, die diese zusammenbinden würde, gibt es nicht. Selbst die bescheidensten Anforderungen an eine innere Logik – das wäre die besagte „Geschlossenheit“ – sucht man vergebens. Vielleicht 30% seiner Laufzeit befasst sich der Film überhaupt nur mit Politik oder Krieg, und zwar in einer losen Folge einschlägiger Sketche. Die meiste Zeit spielen Groucho und seine Brüder einfach ihre angestammten Rollen.
Titel und späte Verbreitung dieser in der Zwischenkriegszeit entstandenen Produktion (im schicksalsträchtigen Jahr 1933) haben den Wunsch in Publikum und Fachwelt geweckt, in dieser harmlosen musikalischen Revue eine Satire zu sehen – wie sie später mit dem inzwischen etablierten Feindbild des deutschen Diktators vor Augen von Chaplin („The Great Dictator“) oder Lubitsch („To Be Or Not To Be“) tatsächlich vorgenommen wurde. Dass der Feldzug der Marx Brothers in diese Reihe gehört, ist schlichtweg ein Missverständnis. Die vier Brüder (im Grunde sind es nur drei, denn Zeppo geht im übrigen Ensemble praktisch unter) verulken das Militär ebenso wie die Diplomatie, die heterosexuelle Brautwerbung, feines Benehmen oder das Genre der Tonfilmoperette. „Duck Soup“ ist ebensosehr ein Film gegen den Krieg wie „A Night At The Opera“ eine Anklage der Oper oder „Go West!“ eine Schmähung des Cowboyberufs ist.
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* Siehe dazu den Podcast „Alle 42 Kultfilme“ und https://blog.montyarnold.com/2024/05/15/25283/