betr.: 3. Todestag von Jean-Paul Belmondo
Das Wiedersehen mit „A bout de souffle“ von Jean-Luc Godard hat mich ein wenig bestürzt. Dieser verdienstvolle Klassiker des europäischen Films hat für mich überhaupt nicht mehr funktioniert.
Viele Jahre lang hatte ich nur die Standfotos vor Augen, die Jean-Paul Belmondo und Jean Seberg vor der unübertrefflich schönen Pariser Kulisse zeigen, und hin und wieder hörte ich die coole Filmmusik. Der Film selbst wirkt nur noch krude und zusammengekleistert auf mich, die vielen „hip“ gemeinten Smalltalk-Bausteine – Existenzialismus, William Faulkner, Jazzplatten, Bogart-Filme … – gesucht und albern. Die Chemie zwischen den Stars stimmt nicht (jedenfalls längst nicht so gut wie auf den Fotos), und es tröstet mich nicht, dass es eine misslingende Romanze ist, die sie mir erzählen wollen. Den ersten Minuten des Films merke ich auf unangenehme Weise an, dass sie ohne Ton gedreht worden sind, was sich weniger experimentell als schludrig anfühlt.
Und dann leistet sich „Außer Atem“ auch noch einige Kabinettstückchen, die ihm vollends den Garaus machen, etwa die Interview-Szene am Flughafen, deren haarsträubend doofe Journalisten-Fragen nicht als Parodie funktionieren, sondern einfach platt geschrieben sind.
Vieles von dem, was der Wirkung des Films in die Quere kommt, besteht freilich in seinen Verdiensten. Er gestattete sich Regelverstöße, die uns heute selbstverständlich erscheinen: die Außenaufnahmen, die Handkamera, die wagemutigen Schnitte, das Anti-Helden-Pärchen im Mittelpunkt, ein mindestens unfertiges Drehbuch. Doch alles übrige ist verpufft. Es ist ein wenig wie mit den Theaterstücken von Anton Tschechow, deren Innovation und Kühnheit sich mir (anders als bei Ibsen oder Schnitzler) heute ebenfalls nicht mehr mitteilt, weil sie vor allem im Weglassen von Techniken bestanden hat, die sie als überkommen betrachtete. Was an ihre Stelle treten musste, hatte sich noch nicht eingestellt.