Die große Griechin

Das „Spiegel“-Interview zu Nana Mouskouris 90. Geburtstag am 13. Oktober ist ein reines Vergnügen! Unabhängig von der Musik, die man gerade aufgelegt hat, taugt es als Schablone für das ideale Künstlergespräch – für den Antwortgeber. Keine Torheiten über das Älterwerden (nur ein klares „Ja“ auf die Frage, ob sie heute häufiger an den Tod denke und ein „leider nicht“ auf die, ob das Lampenfieber irgendwann nachlässt), kein Gesülze über das Heiraten (lediglich der knappe, glaubwürdige Hinweis auf eine glückliche Ehe), das Kinderkriegen und die berufsbedingt häufige Abwesenheit von zu Hause („Aber aus meinen Kindern sind tolle Menschen geworden. Und mein Beruf hat ihnen ein gutes Leben ermöglicht.“), keine geheuchelte Body-Positivity, stattdessen ein einleuchtendes Anerkennen unabänderlicher Regeln der Schlagerbranche („Die Leute von der Plattenfirma sagten: Wenn du die Bühne betrittst, musst du die Menschen zum Träumen bringen. Nachdem ich Gewicht verloren hatte, schauten mich alle mit anderen Augen an.“) und ein selbstbewusstes Missachten der abänderlichen („Die Brille[…] ist mein Schutz. Ohne sie fühle ich mich nackt.“ – „Haben Sie mal überlegt, Ihre Augen lasern zu lassen?“ – „Nicht eine Sekunde!“), die Zurückweisung geflügelter Plattheiten („Marlene war kein Produkt.“) und endlich Gewissheit über Dinge, die wir bisher nur geahnt haben (das Singen im Badezimmer „vermittelt dir einen falschen Eindruck von deiner Stimme.“)   
Dieses Gespräch ist so welthaltig, ehrlich und bei aller Wachsamkeit vergnügt, dass meiner geplagten Seele – noch immer gerupft von der Lektüre der präsenilen Klischeefusseln des Francis Ford Coppola in der Titelgeschichte des „Zeit Magazins“ – ihre Flügelchen wieder nachgewachsen sind.

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