betr.: Bruchlininen im deutschen Amüsiergewerbe
Fortsetzung vom 18.1.2025
Mit etwas interessiertem Abstand kann man ohnehin zu dem Ergebnis kommen, dass für Kabarett und Comedy gleichermaßen gilt, was auch auf Kino, Literatur, Oper, Rotwein und das deutsche Fernsehen zutrifft: das Allermeiste ist Mist. Comedians sprechen selten despektierlich über Kabarettisten: sie ignorieren die Kleinkunst, die ihnen unmittelbar vorausging. Vertreter des Kabaretts äußern sich mit umso größerer Sorgfalt kritisch über Comedy. Kritisch heißt: sie versuchen, ihre Ablehnung komisch klingen zu lassen.
Der Kommentar des hochangesehenen Passauer Humoristen Sigi Zimmerschied sei hier stellvertretend wiedergegeben (mit Dialekt-Verschriftlichung, da diese zur Botschaft gehört): „I habs amol für mich so formuliert, dass Kabarett die Unterhaltung bricht und Comedy bis zum Erbrechen unterhält. A Comedian, der versucht halt, witzig zu sein. Kabarettisten haben einen echten Hau! Wia hom an Defekt im Kopf, der einfach aufgearbeitet werden muass. Abteilung Forschung! Hirnforschung! Ich bin froh, dass i’s auf der Bühne ausleben kann. Und ihr derft’s a froh sei. Mei Großvater war immerhin a Doppelmörder. Könnte sein, dass do no was mitschwappert in mir.“
Wie funktioniert dieses Statement? Die Bosheit zu Beginn täuscht ein Augenzwinkern vor – launiges Wortspiel verpackt derbe Beschimpfung („zum Kotzen“) -, dann wird ein Eigenlob als Selbstkritik verkleidet (à la: wir Kabarettisten sind zwar bekloppt, aber in ehrenhafter weil für unser Handwerk nützlichen / unverzichtbaren Weise), und schließlich wird auch noch ein skandalöser familiärer Aspekt angedeutet, der schon deshalb nicht sehr eindrucksvoll ist, weil ja niemand etwas für das Treiben seines Großvaters kann. Das wird in Mundart serviert, da diese im Ruf steht alles etwas gemütlicher und halb so wild erscheinen zu lassen, falls sich doch mal jemand aufregen sollte.