Abbruch unserer Traumkulisse

betr.: Waldbrände in Kalifornien

Unser Bild von Kalifornien wurde von Film und Fernsehen geprägt. Diese Medien sind seither zu einem guten Teil untergegangen – so wie Kalifornien in den Feuern der letzten Wochen. Diedrich Diederichsen denkt in einem klugen Artikel in der „taz“ darüber nach und zeiht sich zu Beginn des „Trauerluxus“, als er sich dabei ertappt, ganz subjektiv betrübt zu sein über den Untergang der Schauplätze persönlicher Erinnerungen: „Skepsis, Darkness unter sehr hohen Palmen bei strahlender Sonne – das ist auch ein Klischee, das von Kenneth Angers Skandalchronik ‚Hollywood Babylon‘ bis zu James Ellroys Ober-Noir immer wieder bedient wurde. Es hat seinen Ursprung in dem Umstand, dass eine globale Kulturindustrie von L.A. aus agiert, die in ihren Produkten die Spezifik und Örtlichkeit ihres Produzierens ausblenden muss. Sie muss universell sein. Doch durchbricht sie diese Regel für ein bestimmtes, in ihr Portfolio fest eingebautes Genre, den stets tragischen oder tragikomischen Blick auf sich selbst: von Billy Wilders ‚Sunset Boulevard‘ (1950) bis David Lynchs ‚Mulholland Drive‘ (2001). Die Spätform davon kann man in jenem gepflegten TV-Museum der 10er Jahre besichtigen, das uns unter dem Namen ProSieben werktäglich von Malibu (‚Two And A Half Men‘, 2003-15) bis nach Pasadena (‚The Big Bang Theory‘, 2007-19) durch das ganze L.A.-County mitnimmt. Genauer und auf einem neueren Stand war zuletzt ‚Trans Parent‘ (2014-19). (…) Was es ökologisch wie ökonomisch bedeutet, eine Metropole auf Wüstensand zu bauen und dies gegen andere schon bestehende Lebensformen durchzusetzen, erklärt ‚Chinatown‘ (1974) von Roman Polanski. Warum das einst vielversprechende ÖPNV-System auf den Druck der Öl- und Autoindustrie schon in den 1930ern im Zuge der sogenannten General Motors Streetcar Conspiracy abgewrackt wurde, wissen wir aus ‚Falsches Spiel mit Roger Rabbit‘ (1988) von Robert Zemeckis. (…) Los Angeles ist der am weitesten entfernte Ort, an dem – so wird uns zumindest pausenlos vermittelt – noch Leute wie wir leben: ‚The Nearest Faraway Place‘, wie die ‚Beach Boys‘ es nannten.“

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