betr.: 183. Geburtstag von Ambrose Bierce / Sprechen am Mikrofon / Übung
Von Sätzen, die ihre Länge nur der Form verdanken und inhaltlich gern kürzer sein dürften, war an dieser Stelle schon die Rede. Der ehrwürdige amerikanische Horror-Klassiker Ambrose Bierce legt in der Kurzgeschichte „Das zugenagelte Fenster“ einen Satz vor, in dem ein ganzer kluger Essay steckt – von ebenso historischem wie die menschliche Natur erfassenden Durchblick.
Das ganze Gebiet war dünn von Grenzern besiedelt, rastlosen Geistern, die, kaum dass sie einigermaßen bewohnbare Behausungen aus der Wildnis herausgeschlagen und einen gewissen Lebensstandard erreicht hatten, den wir heute immer noch als dürftig bezeichnen würden, mit einem Mal getrieben wurden, alles liegen und stehen zu lassen und weiter nach Westen vorzustoßen, wo sie neuen Gefahren und Entbehrungen begegnen würden bei ihrem Bemühen, den kargen Wohlstand wiederzuerlangen, den sie freiwillig aufgegeben hatten.
Schöner Satz. Kein Wunder, dass Bierce auch Autoren und Journalisten wie Hemingway beeinflusst haben soll. Empfehle neben den schwarzen-schwarzhumorigen, oft unheimlichen Kurzgeschchten auch die Satiren – und sein bekanntestes Werk: „Der alte Gringo“. Fast schon prophetisch für Bierce‘ eigenes Ende. Fast.