Jules Feiffer

betr.: Beginn des Abdrucks der Serie „Sick, Sick, Sick“ (später: „Feiffer“) in der „Village Voice“ vor 65 Jahren

„All Comic characters, from Dagwood to Ming of Mongo, are socially significant in the sense that they propagate images that play up to our prejudices“, sagt Jules Feiffer – für Politiker gilt das natürlich auch.

Jules Feiffers große Comic-Serie – die erste überhaupt, die schlicht den Namen ihres Autors und Zeichners trug – ist eigentlich ein Cartoon mit mehreren Panels und mischt den Comic mit der politischen Karikatur. In den 70er Jahren gehörten Figuren wie Richard Nixon und Henry Kissinger zu den wenigen regelmäßig auftretenden Charakteren in einem ansonsten beliebigen Griff ins volle Menschenleben: von Denkblockaden, Selbstzweifeln und anderen Zivilisationskrankheiten gezeichnete Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche. Im Zusammenhang mit Woody Allen wurden solche Leute als „Stadtneurotiker“ bezeichnet, Claire Bretécher, die von Feiffer intensiv beeinflusst wurde, nannte sie „Die Frustrierten“.

Nach einer kurzen Phase des Experimentierens fand Jules Feiffer zu einer Form, die nach Bretécher heute vor allem bei Ralf König fortlebt: ohne Bildumrahmung reden Menschen miteinander oder mit sich selbst, mitunter sind es nur winzige mimische Details, die ein Panel vom vorangehenden unterscheiden. Feiffer ist ein Autor, der das Medium Comic fast wie zufällig gewählt hat (- aber eben nur fast, ganz so simpel ist es dann auch wieder nicht).

Als Teenager war Feiffer im Frühjahr 1946 zum Team des New Yorker Künstlers Will Eisner gestoßen, nach dem heute der wichtigste internationale Comic-Award benannt ist. Eisner fand das Zeichentalent des Knaben, der da um Anstellung bat, nicht ausreichend, war aber von dessen Comic-Enthusiasmus beeindruckt und von seiner Kennerschaft seines Werks geschmeichelt. Da sich der Junge außerdem als kostengünstiges Mädchen für alles anbot, stellte er ihn ein. Diese Tätigkeit wurde bald für Feiffers Kunststudium am Pratt Insitute unterbrochen. Doch schon nach einem Jahr kehrte er zurück und wurde ab 1949 als Autor bei „The Spirit“ eingesetzt, der legendären Serie um einen maskierten Verbrechensbekämpfer. Während Feiffer nun sukzessive zu Eisners Co-Autor aufstieg, wurde er auch als Zeichner gefördert. Die Zusammenarbeit der beiden an „The Spirit“ beschreibt Feiffer in seinen Erinnerungen „Backing Into Forward: A Memoir“ (2010) als sehr intensiv und bisweilen streitlustig.

Bereits im Eisner-Studio hatte Feiffer Gelegenheit, verkrachte Existenzen zu portraitieren, so bei seiner Mitarbeit an Text und Layout der Geschichte vom „schlechtesten Menschen der Welt“ (28.1.1952). Abb. aus „Graphic Novel Godfather“ (avant verlag)

Feiffer schrieb später das Bühnenstück „Little Murders“, Drehbucher – u.a. für den frühen Jack-Nicholson-Erfolg „Carnal Knowledge“ -, er illustrierte Kinderbücher – etwa den Klassiker „The Phantom Tollbooth“ – und wurde vielfach ausgezeichnet.

1986 erhielt der Künstler für „Feiffer“ den Pulitzerpreis. 13 Jahre später führten Einsparungsmaßnahmen bei der „Village Voice“ dennoch zur Einstellung der Serie – nach 42 Jahren bzw. 19 Sammelbänden. Bei uns erschien sie nur sporadisch, etwa Ende der 70er Jahre unter dem Titel „Ein guter Mensch hat viele Freunde“ in der „Pardon“-Beilage „Slapstick“.

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