Die wie DVD-Bonusprogramme zubereiteten Dokumentar-Specials, in denen Filmschaffende unter analytischen Vorzeichen ihre eigene Arbeit abfeiern, sind mein guilty pleasure an den Feiertagen. Seit ich kaum noch Lust auf aktuelle Filme habe, kann ich an dieser Stelle meine popkulturellen Lücken schließen. Solche Formate bieten im wiederholungssatten linearen Festtagsfernsehen außerdem eine Fluchtmöglichkeit vor dem Immergleichen.
Dass die starbesetzten vier Folgen der Reihe „James Cameron’s Story Of Science-Fiction“ (Cameron begrüßt u.a. Steven Spielberg und Arnold Schwarzenegger) 160 Minuten am Stück werbefrei durchlaufen, ist nur auf den ersten Blick verwunderlich. Schließlich wird hier unentwegt für neuere Filme und Serien geworben. Die wenigen Klassiker werden so schnell wieder abgeblendet, dass sie selbst diejenigen verpassen dürften, die die Schlagzahl dieser halsbrecherisch geschnittenen Collagen vollkommen verinnerlicht haben.
Die Statements dazu kommen von Regisseuren und Autoren, die sich im Rahmen der besprochenen Projekte intensiv mit dem Thema Science-Fiction auseinandersetzen mussten. Am meisten reden aber (naturgemäß / ausgerechnet) die Schauspieler, die ja auch nicht schlauer sind als ich. Doch ihr Handwerk kommt zum Einsatz: sie beten Marketing-Botschaften als persönliche Standpunkte herunter, die mit formatiertem Tiefsinn im Stil des aktuellen moralinen Diskurses gewürzt sind. Das gelingt ihnen mehr oder weniger gut.
Hier kommt meine subjektive Auswertung.
Das raffinierteste Statement brachte der Autor und Zeichner Robert Kirkman, der in die Verfilmung seiner Comicserie „The Walking Dead“ mit eingebunden ist: „Eins hat mich an Zombie-Filmen immer gestört! Sie hatten tolle Stories mit interessanten Figuren, aber man hatte nur 90 Minuten Zeit. Als Autor hatte ich das Gefühl eine große Chance zu verpassen. Man könnte diese Figuren doch über Jahre begleiten …“
Er trug das so redlich vor, dass ich um ein Haar vergessen hätte, wie lange mir „The Walking Dead“ Freude gemacht hat: bis zum Finale der ersten Staffel – ehe die Serie unter einer sich verwesungsartig zersetzenden Logik und ihren mit jeder Wiederholung immer inkonsequenter werdenden Drohkulissen zusammenbrach. Der kurz zuvor entstandene Spielfilm „28 Days Later“, der sich bei Kirkmans Vorlage ungefragt bedient hatte, ist als einzelner Film großartig (und leistete sich eine Fortsetzung, die aus den gleichen Gründen in die Hose ging).
Am geschicktesten spielte Peter Capaldi mit meinen Reflexen. „Ich werde oft gefragt, was mich an der Serie reizt“, sagte er zu seiner Hauptrolle im BBC-Dauerbrenner „Dr. Who“. „Die Antwort, die ich gerne geben würde – aber nicht darf, weil es keine gute Werbung wäre -, lautet …“ – Und noch ehe ich dazwischenrufen konnte: „Die Piepen!“, fuhr er fort: „… weil es um den Tod geht.“
Den Emmy Award für das peinlichste Gesülze des Abends – ach was: des Jahres! – erhält Zoe Salanda für ihre Schilderung eines Erlebnisses vom Set der „Guardians Of The Galaxy“: „Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen. Wir bereiteten uns auf die Szene vor, in der sich Groot in eine Art Nest verwandelt und uns vor einem Aufprall schützt, der uns sonst umgebracht hätte. Dass diese Figur, die nicht mal existiert, für mich ihr Leben riskiert, hat mich sehr berührt. An diesem Drehtag konnten wir nicht aufhören zu weinen.“