betr.: 51. Jahrestag des deutschen Kinostarts von „Duell“
„Duell“ war ein kleiner TV-Thriller, der so gut war, dass er danach ins Kino kam. Damit hatte er seinem Regisseur Steven Spielberg den sehnlichsten Wunsch erfüllt: er konnte von seinem verachteten Arbeitsplatz beim Fernsehen auf die große Leinwand wechseln.
„Duell“ ist ein Kammerspiel, das als Roadmovie daherkommt. In dieser Verbindung zweier an sich unvereinbarer Konzepte wird bereits der Grundstein für seine Faszination gelegt.
Spielberg, der bei Universal seine TV-Episoden drehte, erweist sich hier als gelehriger Schüler des großen Altmeisters, der auf diesem Gelände seine Büros hatte: Alfred Hitchcock. Der Jüngere kokettierte später in Interviews gern damit, der Ältere habe ihn zweimal aus dem Atelier geworfen, als er ihm dort bei der Arbeit zusehen wollte.
Dennoch hat er viel von dessen Kunst begriffen.
Dass das kleine Budget eines Fernsehspiels nicht zu einem mickrigen Ergebnis führen muss, hat Hitchcock in seinem Spätwerk „Psycho“ vorgeführt. Wie furchterregend es ist, den Gegner nicht sehen zu dürfen, wissen wir schon seit „The 39 Steps“ (1935). Wie schrecklich es mitanzusehen ist, wenn keiner dem Helden glauben geschweige denn beistehen will, war Hitchcocks lebenslanges Lieblingsmotiv. Aus „Psycho“ übernimmt Spielberg auch den inneren Monolog der Autofahrerin – leider weniger geschickt als in der Vorlage. Waren die Stimmen im Kopf von Janet Leigh eine spielerische Variation unserer Befürchtungen, sind die Gedanken von Mr. Mann in der Raststätte eine Erklärung. Wir brauchen sie nicht, im Gegenteil: es wäre lustvoller, dürften wir unsere Schlüsse selbst ziehen. Spielberg misstraut dem brillanten Spiel seines Schauspielers Dennis Weaver und der Intelligenz und Phantasie des Zuschauers. Das ist der einzige – verzeihliche – Makel dieses ansonsten fleckenlosen Thrillers. (Weniger verzeihlich ist, dass Spielberg dieses Misstrauen für den Rest seiner Karriere zur Maxime seiner Arbeit machen sollte.)
Als Spielbergs Sekretärin ihm das Drehbuch zu „Duel“ auf den Tisch legte, war dessen Autor Richard Matheson längst eine Berühmtheit der Branche, u.a. wegen seiner Drehbücher fürs Kino und für die Serie „The Twilight Zone“ sowie wegen seiner phantastischen Erzählungen. Die beängstigende Erfahrung mit dem Lastwagenfahrer, der ihn auf offener Straße anfuhr, hatte er selbst gemacht.
Begeistert lief Spielberg mit dem Buch zum Produzenten George Eckstein, der ihm dazu verhalf, es als „Fernsehfilm der Woche“ umzusetzen. Hierbei war hilfreich, dass er die frühere Zusammenarbeit bei „The Psyciatrist“ in guter Erinnerung hatte.
Spielberg bekam zehn Drehtage und ein Budget von 300 000 Dollar, am Ende wurden noch drei Tage angehängt, um einen 72minüter herzustellen. Für die Hauptrolle wählte er den nervösen Motel-Betreiber aus Orson Welles’ „Touch Of Evil“ (ein Film, der aus heutiger Sicht mehrfach auf den zwei Jahre später entstandenen „Psycho“ verweist). Dennis Weaver lachte später darüber, der letzte Schauspieler gewesen zu sein, der darum gebeten wurde, seinen Segen für die Beschäftigung Steven Spielbergs als Regisseur geben zu müssen.
Der Rest ist Geschichte.
„Duel“ wurde im November 1971 erstgesendet, heimste Begeisterung, hymnische Kritiken, Nominierungen und Preise ein. Universal kaufte den Film vom Sender ABC zurück, um ihn fürs Kino vom Regisseur noch etwas verlängern zu lassen. Auch die 450 000 Dollar, die er letztlich kostete, sollten sich als ein Schnäppchen erweisen. Steven Spielberg musste nie wieder mit kleinem Budget drehen. Er glaubte außerdem, darauf verzichten zu können, sich weiterhin an die Lehren eines Alfred Hitchcock zu halten.