Die Schöne Lesung: Joachim Meyerhoff „Man kann auch in die Höhe fallen“
radioeins events · 11.11.2024 · 82 Min. – nachzuhören in der ARD Audiothek
Vier Jahre ist es her, dass Joachim Meyerhoff in seinem Roman „Hamster im hinteren Stromgebiet“ davon erzählte, wie er einen Schlaganfall erlitt und sich mühsam ins Leben zurückkämpfte. Nun erfahren wir endlich die Fortsetzung der Geschichte. Am 7. November erschien „Man kann auch in die Höhe fallen“ und Joachim Meyerhoff hat das Buch – wie schon die beiden Vorgänger-Bände – als Deutschlandpremiere bei radioeins vorgestellt. „Man kann auch in die Höhe fallen“ schließt unmittelbar an „Hamster im hinteren Stromgebiet“ an. Nach dem Schlaganfall zieht Meyerhoff von Wien (wo er zum Ensemble des Burgtheaters gehörte) nach Berlin. Er hofft, durch einen Neuanfang wieder Fuß zu fassen. Doch alles kommt anders als gedacht. Die neue Stadt zerrt an den Nerven und die künstlerische Arbeit als Schriftsteller und Schauspieler fällt ihm von Tag zu Tag schwerer. (ARD-Text, Foto: SWR Kultur / ARD Audiothek)
Das Wichtigste vorab: an Meyerhoffs Erkenntnissen ist nicht zu rütteln. Berlin ist unbewohnbar, Altwerden ist doof, Mama ist die Beste, auf dem Land ist es schöner als in der Stadt (in Berlin z.B.), man muss auch mal Fünfe grade sein lassen (besonders mit 86), Handys sind flach, und es wird zu viel an ihnen herumgefingert (gerade auch von einem selbst, ja ja …). Außerdem hat man inzwischen auch mit 55 Anrecht auf eine Midlife-Crisis – und auf die damit verbundene Lebenserwartung.
Gekrönt von einem anheimelnden Bandwurmtitel redet der Autor mit erbarmungslos zwinkerndem Auge darüber, wie dröge es ist, ein sich selbst vernachlässigender alter Heini zu sein. Und um seine wohlfeile Selbstgeißelung glaubwürdiger zu machen, setzt er dem Jammer die Beschreibung seiner Mutter entgegen, die – selbstredend – am Meer wohnt, Auto fährt wie ein Gangster, ein freches Mundwerk hat, sich von Fast Food und Alkohol ernährt und trotzdem schlank, topfit und sinnenfroh ihrem Sohn was vorlebt. In der gelesenen Passage fehlt nur der ungeklärte Mordfall, und das Idyll würde in einen Küstenkrimi mit Ermittler-Oma umkippen.
Dafür, dass das Abenteuer, das Meyerhoff in seinen zurückliegenden Bestsellern beschrieben hat, gerade alle ist, kann der Leser ja nichts. Ein wenig Kreativität gehörte einst zu den vornehmen Pflichten eines Schriftstellers.
Wer sich vor irgendetwas fürchtet, das in einen Denkanstoß münden könnte oder in Selbstironie, die diese Bezeichnung verdient, ist hier so sicher wie Mama Meyerhoff in der Arschmulde, die sie sich keck in den Strand rubbelt, ehe sie sich reinlegt (ach, das Leben kann so einfach sein). Entsprechend erleichtert klingen Gelächter und Applaus bei der „Schönen Lesung“.
Man hat ja bekanntlich nicht viel zu lachen in Berlin.
Zum Ende der Lesung geht Meyerhoff zu seinen Theatererlebnissen über. Da blitzen dann etwas gut platzierte Bosheit und ein paar Tiefe Einblicke in Welt der Bühne auf.