Thomas Mann ist komisch

betr.: 150. Geburtstag von Thomas Mann (morgen)

Loriot über seine Darstellung des verehrten Schriftstellers in der Romanverfilmung „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“: „Das will gestaltet sein!“

Es mag 1970 gewesen sein, da brachte die Veröffentlichung der Memoiren des Dichterfürsten Thomas Mann ein neues Element in seine Rezeption: die Homosexualität des Autors. Dabei fehlt es ja auch in seiner Literatur nicht an Hinweisen darauf, aber die Gesellschaft war wohl noch nicht soweit.
Was nach wie vor zu kurz kommt und in den unzähligen Kulturbeiträgen zum diesjährigen Doppeljubiläum praktisch keine Rolle spielt, ist ein Aspekt, der nicht selten mit einer homosexuellen Neigung zusammenfällt. Auch in meinem Deutschunterricht spielte er keine Rolle: Thomas Mann ist ein großer Humorist.
Eine Zeitlang dachte ich, ich wäre der einzige, der sich über seine maliziösen Figurenportraits amüsiert, doch dann fiel mir auf, dass auch Loriot – der Deutschen höchstverehrter Komödiant – ihn genauso wahrnimmt und sogar in seine Arbeit einfließen lässt. Bei Thomas Mann geht es freilich nicht um Pointen, sondern um einen Blickwinkel, der das Leben als einen beständigen Kampf gegen Banalität und Lächerlichkeit erscheinen lässt. Und bekanntlich ist kaum eine Quelle des Witzes ergiebiger als diese.
In einer Diskussionsrunde im Süddeutschen Rundfunk hat sich der Schriftsteller 1953 explizit dazu bekannt. Er tat dies allerdings mit der ihm eigenen Spitzfindigkeit. Den Humor, „der das herzaufquellende Lachen zeitigt“, habe er „als Wirkung der Kunst persönlich höher“ geschätzt „und als Wirkung meiner eigenen Produktion mit mehr Freude“ begrüßt „als das erasmische Lächeln, das durch die Ironie erzeugt wird“.

Dass Thomas Mann – wie man dieser Tage immer wieder hört – auch im Ausland intensiv gelesen, gefeiert und adaptiert wird, könnte seine Gründe jenseits dieses Aspektes haben. Ich habe keine Ahnung, ob und wie sich sein Sprachwitz in Übersetzungen darstellt. Eine einschlägige Analyse wäre ein großartiges Geschenk! Vielleicht beim nächsten Jubiläum …

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