betr.: 129. Geburtstag von Irving Berlin
Im „Hamburger Kultursommer“ 1993 brachte mich das Ensemblekabarett „Mauschelei auf der Bounty“, ein Kommentar zu unserer Kulturpolitik und zum Kleinkünstlerberuf an sich, in die hübsche Lage, gemeinsam mit Gunter Schmidt eine Nummer von Fred Astaire und Judy Garland zu singen und zu tanzen; die beiden hatten sie im Musical „Easter Parade“ als Tramps dargeboten, als Hommage an die Tradition der Music Hall. Komponist Irving Berlin betrat damit sein Spätwerk.
Für alle Nicht-Kleinkünstler: Der abschließende Satz: „Könnt ihr denn davon leben?“ gehört zu den verbalen Power-Plays, die wir abseits der Vorstellung so zu hören bekommen. Einige der anderen lauten: „Was macht ihr eigentlich vormittags?“ und „Wie wird man denn sowas?“
AUF NACH HOLLYWOOD
„A Couple Of Swells“ aus dem MGM-Musical „Easter Parade“
Text und Musik: Irving Berlin
Deutsch von Monty Arnold und Gunter Schmidt
G+M: Wir reisen durch die Welt
Obwohl sie uns nicht gefällt.
Von Passau bis nach Flensburg rauf kassieren wir Schmerzensgeld
Wieder kehr’n wir zurück
nach Erfurt und Osnabrück.
Als „guter Cop“ und „böser Cop“, die Kleinkunst ist unser Glück.
M: Wir spiel’n auf Sylt, auf Bühnen hinter Dünen
G: – auch ohne Gage manchmal für die Grünen
G+M: für die Grün‘‘.
Refrain
Wir war’n Strindberg im Hinterhof, es gab Obst und auch Applaus,
und im Knast der Gefang’nenchor
doch man schmiß uns wieder raus.
M: Wir war’n Clown am Gymnasium,
G: siebter Zwerg in der Provinz.
G+M: Doch wir lieben das Publikum,
und wir schleimen beim Publikum,
und wir sagen dem Publikum: Ja, wir sind’s!
M: Wenn’s uns gen Osten zieht,
was selten genug geschieht,
tun wir auf blöde und beleidigt, bis uns der Pöbel liebt!
G: Ich wär gern ein Prophet,
der auf seiner Kiste steht,
doch wenn ich vom Atomkrieg sing, kommt eh jeder Spruch zu spät!
M: So manche Diva hätt’ mich gern zum Sohn!
G: Ein Prinz rief mich vergeblich hinter’n Thron.
G+M: Hinter’n Thron!
Refrain
G+M: Sind wir krank oder abgebrannt,
abends steh’n wir wieder da!
Meist wird unser Genie verkannt,
doch für uns ist eines klar:
keinem Bier, keinem Spüli, keinem Liebchen sind wir treu,
doch wir lieben das Publikum,
und wir schleimen beim Publikum,
ja wir lieben Euch jeden Tag auf’s Neu!
(Instrumentalteil, Softshoe-Einlage)
Kommt ein Anruf aus Hollywood,
geh’n wir nicht ans Telefon
denn wir lieben das Publikum,
wir sind treu unserm Publikum,
Eure Treue ist uns der schönste Lohn!
(Telefon klingelt, beide stürzen hin)
G+M: Hollywood?
Anruf (gesprochen von Lutz von Rosenberg Lipinsky): Hier ist Mutti. Sagt mal, könnt Ihr eigentlich davon leben?