betr.: 89. Geburtstag von John Barry
1977 kam es anlässlich des Films „The Spy Who Loved Me“ erstmals zu einer Ablösung des etablierten Bond-Generalmusikdirektors John Barry. Sein Vertreter war Marvin Hamlisch, der sich bereits ein kleines Stück seines späteren Ruhms erarbeitet hatte. So lief sein Musical „A Chorus Line“ bereits wenige Jahre am Broadway, ehe es später Rekorde brach und sich als stilprägend erwies. Für kurze Zeit hatte Hamlisch Woody Allen als Filmmusik-Hauskomponist gedient, ehe dieser dazu überging, seine Soundtracks aus Schellackplatten zusammenzustellen.
Hamlisch war sich – gottlob – nicht zu schade, den Barry-Style in sein Idiom mit einfließen zu lassen, besonders bei der Ski-Verfolgungsjagd in der Vortitelsequenz. Außerdem zitierte er klassische Musik und sogar klassische Filmmusik. Das war ein Novum bei James Bond, und es funktioniert großartig. Der Bösewicht Curd Jürgens beschallt sein spinnenbeiniges Unterwasserlabor mit Mozart und Bach, um Hinrichtungen zu untermalen oder sich anschließend davon abzukühlen. Maurice Jarres „Lawrence Of Arabia“ erklingt im Underscoring, als 007 nach einem Marsch durch die Wüste den Nil erreicht und sich von einem Boot mitnehmen lässt. Wie Hamlisch diesen Ohrwurm des Historienfilms in sein eigenes Liebesthema hinüberarragniert, ist eine Meisterleistung und einer der Gründe, warum die bis heute ausstehende Veröffentlichung eines befriedigenden Soundtrack-Albums ein solches Ärgernis darstellt. Erst- und für viele Jahre letztmalig wurde mit „The Spy Who Loved Me“ ein Bond für den Soundtrack-Oscar nominiert.
Es kann kein Zufall sein, dass der zurückgekehrte John Barry bei seinem nächsten Einsatz „Moonraker“ ebenfalls Klassik-Zitate einbaut. Aber tat der das wirklich selbst? Die kleinen E-Musik-Snippets sind so schlampig eingemischt, dass sie auch gegen den Willen des Komponisten – der bei Bond ja Kummer gewohnt war – in den Film gelangt sein könnten. Andererseits ist auch Barrys eigene Musik stellenweise miserabel geschnitten – besonders sein würdevoller „Flight Into Space“, der sich auf der Tonspur anhört, als hätte man ihn mit dem Hackmesser bearbeitet. Wer dieses Stück erleben will, der muss sich schon die Platte kaufen.
Wir halten fest: James Bond war schon Ende der 70er Jahre ein hochkomplexes Multimedia-Ereignis.