Die BBC-Serie „Misfits“ (2009-14) ist in der Flut des innovativen Serienfernsehens ein wenig untergegangen. Das mag an der konsequenten Derbheit der Sprache und den makaberen Dingen gelegen haben, die den (Neben)figuren bereits ab der Pilotfolge zustoßen. Inhaltlich spielt das Format mit dem angesagten Konzept der Superhelden – das „Marvel Cinematic Universe“ war ein Jahr zuvor mit „Der unglaubliche Hulk“ endlich auf die Schiene gesetzt worden – und hintertreibt diesen Glamour sogleich mit einem schmuddeligen Hyper-Realismus. „Misfits“ ist eine Geschichte über Jugendliche und ihre Probleme, über pubertären Hedonismus, über die Abgehängten unserer Gesellschaft – aber ohne uns zum Nachdenken anregen zu wollen. Die Dialoge sind (sogar in der Synchronfassung) von einer Anarchie, die immer wieder zu der Sorge führt, man könnte gerade unter seinem Niveau gelacht haben.
Simon, Nathan, Curtis, Kelly und Alisha sind fünf Jugendliche aus der englischen Unterschicht, die nach verschiedenen Verfehlungen in einem Gemeindezentrum Sozialstunden ableisten müssen. Nach einem kosmischen Gewitter stellen sie übernatürliche Fähigkeiten an sich fest, die allerdings nur bedingt zu einer Verbesserung ihrer Lebensqualität beitragen. Besonders, nachdem sich herausstellt, dass es im Umkreis vereinzelt noch andere Mitbürger erwischt hat.
Die vorletzte Folge der zweiten Staffel „Endlich berühmt“ ließ mich an viele große Vorbilder denken – ich nenne hier nur Will Eisners „Vogelmenschen“*, um die Leser von Gogol, Mark Twain und Lytton Strachey nicht zu kränken:
Durch eine Indiskretion erfährt die Öffentlichkeit von den besonderen Fähigkeiten der fünf Kids, deren Bewährungsprogramm gerade abläuft. Eine taffe Agentin nimmt sich ihrer an. Sie hat zu diesem Zeitpunkt bereits einen pausbackigen Knaben unter Vertrag, der über lactokinetische Kräfte verfügt – d.h. er kann per Gedankenkraft Milch bewegen, was eine vergleichsweise uncoole Superkraft darstellt. Da sich Mrs. Banleys Stall nun mit immer edleren Lichtgestalten füllt – z.B. mit einem Mädchen, das durch Handauflegen heilen kann -, beginnt sie, ihren ersten Fang zu vernachlässigen.
Schließlich versammelt sie all ihre Lieblinge in einem Luxushotel, um sie den Medien zu präsentieren. Als sie ausgerechnet hier ihrem „Magic Milk Magician“ den Laufpass gibt, der einen ähnlichen Zwist gerade mit seiner Geliebten ausgetragen hat, kommt es zur initialen Katastrophe: er erstickt Mrs. Banley, indem er die von ihr zum Frühstück verzehrten Milchprodukte in ihre Luftröhre wandern lässt. Das Gleiche hat er nun auch mit unseren Helden vor. Der entfesselte Milchbubi mutiert zum psychopathischen Superschurken …
„Misfits“ ist die coolere, die un-amerikanische Variante von „Heroes“. Und „Endlich berühmt“ ist eine Groteske, in der die alte Formel von Hanns Dieter Hüsch sich abermals erfüllt: „Du kommst auch drin vor“.
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