Prima vista 0,5: Prolog aus „Das Apartment“

betr.: 37. Todestag von I.A.L. Diamond

Einen Begrüßungsjoke baute der wichtigste Mitarbeiter von Starregisseur Billy Wilder gleich in seinen Namen ein. Aus Izzy machte er „I. A. L.“, das steht ursprünglich für „Interscholastic Algebra League“. In einem Land, dessen Schulsystem traditionell auf Buchstabierwettbewerbe versessen ist, bekennt sich einer der erfolgreichsten humoristischen Drehbuchautoren zur Mathematik. Diese Neigung überträgt er auch auf einen seiner Helden, den Protagonisten von „The Apartment“.

Am ersten November 1959 hatte New York 8.042.783 Einwohner. Würde man alle diese Menschen, eine Durchschnittsgröße von einem Meter fünfundsechzig zugrunde gelegt, der Länge nach aneinanderreihen, so würden sie vom Times Square bis zum Marktplatz von Karachi in Pakistan reichen. Solche Zahlenbilder sind mir geläufig, weil ich bei einer Versicherungsgesellschaft arbeite, der „Consolidated Life“ in New York, eine der größten Gesellschaften in den USA. Unser Zentralbüro hat 31.259 Angestellte, das sind mehr als die gesamte Bevölkerung von Natchez / Mississippi. Ich arbeite im neunzehnten Stock, Prämienberechnungsabteilung für allgemeine Policen, Sektion B, Tisch 861.
Mein Name ist C.C. Baxter, C für Calvin, C für Clifford, aber meistens werde ich „Buddy“ genannt. Bei „Consolidated“ bin ich seit drei Jahren, zehn Monaten, ich bringe wöchentlich 94 Dollar 70 nach Hause.
Die Arbeitszeit in unserer Abteilung geht von acht Uhr fünfzig bis fünf Uhr zwanzig. Sie ist in jedem Stock verschieden, so dass sechzehn Fahrstühle die 31.259 Angestellten befördern können ohne daß es Verkehrsstörungen gibt. Ich bleibe allerdings häufig länger im Büro und mache eine oder zwei Überstunden, besonders bei schlechtem Wetter. Nicht etwa deshalb, weil ich übertrieben ehrgeizig wäre, nein, einfach um die Zeit totzuschlagen, bis es auch für mich soweit ist, dass ich nach Hause gehen kann.
Sie müssen nämlich wissen, ich habe ein kleines Problem mit dem Appartement in dem ich wohne. Es liegt in der westlichen 67. Straße nicht weit vom Central Park, meine Miete beträgt 85 Dollar im Monat – bis zum letzten Juli als Mrs. Lieberman, die Hauswirtin, mit einer gebrauchten Klimaanlage ankam, waren es nur 80. Es ist ein nettes Appartement, nichts Übertriebenes, aber sehr gemütlich. Genau das richtige für einen Junggesellen. Der einzige Nachteil ist, ich kann nicht immer hinein, wenn ich möchte.

So klingt der Eröffnungsmonolog von Billy Wilders berühmter Tragikomödie „Das Apartment“ in der deutschen Synchronfassung, die Erika Streithorst für Ultra-Film in Berlin eingerichtet hat.
Als Cornelius Schnauber das Drehbuch von Billy Wilder und I. A. L. Diamond 1987 auf Deutsch herausbrachte, stellte er eine neue Übersetzung her, um die kleinen Abweichungen aufzufangen, die sich bei der deutschen Bearbeitung zwangsläufig ergeben: etwa durch die geringere Silbenzahl im Englischen und die Anpassungen an die Lippenbewegungen. Trotz dieser Richtigstellungen (einige sind im vorliegenden Vergleich aufzuspüren), habe ich noch immer das subjektive Gefühl, ein Abdruck des Dialogbuchs wäre mir lieber gewesen. Im Vergleich wirken die Synchrondialoge immer flüssiger und alltagsnäher auf mich als die sinngemäßen Übersetzungen, wie es sie sehr gelegentlich in Buchform gegeben hat.

So liest sich der obige Prolog in der Druckfassung von 1987:

Am 1. November 1959 betrug die Bevölkerung von New York insgesamt 8.042.783 Personen. Wenn man all diese Leute der Länge nach aneinanderlegen würde, wobei man eine Durchschnittsgröße von 172 cm annimmt, dann würden sie vom Times Square bis in die Vororte von Karachi in Pakistan reichen.
Ich kenne solche Fakten, weil ich für eine Versicherungsgesellschaft tätig bin, nämlich der Consolidated Life in New York. Wir zählen zu den fünf größten Unternehmen des Landes … im vergangenen Jahr verkauften wir Polizzen im Wert von 9 Komma 3 Milliarden Dollar. In unserer Zentrale arbeiten 31.259 Angestellte, das ist mehr als die Gesamtbevölkerung der Stadt Natchez in Mississippi oder Gallup, New Mexico.
Ich arbeite im 19. Stockwerk … in der Abteilung für Normalpolizzen, Prämienberechnungsabteilung, Sektion W … Schreibtisch Nummer 861.
Mein Name ist C.C. Baxter – C wie Calvin und C wie Clifford … aber die meisten Leute nennen mich Bud. Ich bin seit drei Jahren und zehn Monaten bei Consolidated Life. Ich habe in der Zweigstelle in Cincinnati angefangen, wurde dann nach New York transferiert. Mein Nettogehalt beträgt 90,70 Dollar in der Woche, dazu kommen die üblichen Sozialleistungen.
Arbeitszeit in unserer Abteilung ist von 8.50 bis 5.20 Uhr … aber von Stockwerk zu Stockwerk gestaffelt, daß die 16 Aufzüge die 31.259 Angestellten transportieren können, ohne daß es zu einem Verkehrschaos kommt. Was mich betrifft, so bleibe ich oft noch im Büro und arbeite ein oder zwei Stunden extra … besonders bei schlechtem Wetter. Es ist ja nicht so, daß ich besonders ehrgeizig wäre … ich tu’s nur, um die Zeit totzuschlagen, bis es soweit ist, daß ich nach Hause gehen kann. Ich habe nämlich, nun ja, ein kleines Problem mit meinem Apartment …
Ich wohne in den West Sixties, nur einen halben Häuserblock vom Central Park entfernt. Ich bezahle monatlich 84 Dollar Miete. Bis Juli vorigen Jahres waren es noch 80, aber dann hat meine Vermieterin, Mrs. Lieberman, eine gebrauchte Klimaanlage eingebaut. Es ist ein richtig nettes Apartment … nichts Aufregendes … aber doch gemütlich … gerade recht für einen Junggesellen. Es gibt nur ein Problem: Ich kann nicht immer hinein, wann ich möchte.

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