Ein Close-up schwarzer Pappe

betr.: Neues aus der Welt der KI

Seit gestern ist der einstündige Film „The Last Screenwriter“ gratis und in seiner englischen Originalfassung auf der gleichnamigen Website abrufbar. Er handelt von einem erfolgsverwöhnten Drehbuchautor, der von einer Schreibblockade heimgesucht und von einer KI aus dieser Misere gerettet wird.
Sein Regisseur Peter Luisi weist bescheiden darauf hin, ChatGPT 4.0 habe das Drehbuch angefertigt. Das Elektronengehirn musste jedoch Schritt für Schritt von Luisi angeleitet werden und hat nicht einmal ein wirklich verblüffendes Ergebnis zuwege gebracht. Jedenfalls nach der Meinung von Johann Thöming in der F.A.Z. – ich bin geneigt, seinem Urteil zu vertrauen.

Schon das Thema des Films kreist so penetrant um den Gegenstand des durchgeführten Versuchs, dass ich mich an einen alten Sketch von Otto Waalkes erinnern musste (immerhin einen sehr lustigen). Darin behauptet Otto, er könnte einen gewöhnlichen Fotoapparat zu einer Sofortbildkamera hochrüsten (die damals viel Geld kostete), indem er sie mit einem Schneckenbohrer durchlöchert und Entwicklerflüssigkeit hineinfüllt. Das Experiment glückt, und das entstandene Foto zeigt tatsächlich, was Otto geknipst hat – schlauerweise hat er ganz aus der Nähe ein Stück schwarzer Pappe fotografiert.

Weniger komisch, aber der aktuellen Meldung verdächtig ähnlich ist auch ein Fernsehfilm von 2003: „Die fremde Frau“. Der Hamburger Regisseur Matthias Glasner nennt im Abspann keinen Drehbuchautor, sondern bedankt sich beim Drehbuchentwicklungsprogramm „Step By Step“. Der Name verweist darauf, dass er dieses ähnlich sorgsam füttern musste wie Peter Luisi seine KI. Allerdings bewies Glasner etwas mehr Geschmack, denn sein Film handelt nicht von der eigenen Herstellung, sondern verarbeitet Alfred Hitchcocks Klassiker „Vertigo“, als dessen Hommage er präsentiert wird.

Dieser Beitrag wurde unter Fernsehen, Film, Medienkunde, Medienphilosophie abgelegt und mit , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert