betr.: https://blog.montyarnold.com/2024/07/13/altern-von-elke-heidenreich/
Im Sommer pries ich an dieser Stelle die Neuerscheinung „Altern“ von Elke Heidenreich. Das soll auch so stehenbleiben. Der Lauf der Zeit, der zu einer Neubewertung führen könnte, ist noch nicht durchmarschiert.
Trotzdem entgeht mir nicht, wie unglücklich Heidenreichs Buch fast alle anderen hinterließ, mit denen ich darüber gesprochen habe, darunter eine noch betagtere Freundin. Da werde letztlich nur in die Zitatekiste gegriffen und sonst wenig anderes, lautet der Hauptvorwurf.
Mir macht das nichts aus, da die Autorin die Zitate sehr sorgsam zusammensucht – anders als ihr verstorbener Kollege R. W., der ganze Festreden auch schonmal seitenweise aus dem Sammelband „Lustige Weisheiten für den Tag“ zusammenhanglos herunterbeten konnte, ohne rot zu werden.
Ich glaube aber, dass der positive Effekt auch durch die Hörbuch-Ebene zustandekam, in der ich das Buch angetroffen habe. Elke Heidenreich kann sehr gut vortragen. Die leichte Muffigkeit in ihrer Stimme (ihre regionale Mentalitätssprache spielt da sicher auch eine Rolle) lässt es so klingen, als ob sie einem das wirklich alles gerade spontan erzählen würde – mit kurzen Seitenblicken in ihre Lieblingsbücher. Sowas muss man können.
Mir ist das schon einmal so ähnlich passiert. Die berühmte Autobiographie „Der geschenkte Gaul“, ein internationaler Bestseller von Hildegard Knef, wurde auch für seinen immensen Stilwillen gelobt. Knefs Buch beginnt ganz konventionell und fädelt sich dann rasch in einen wirklich abenteuerlich-assoziativen Satzbau ein. Lesend kam ich damit überhaupt nicht zurecht. Ich mag die Doppel-LP von 1970, aber die ist schnell vorbei.
Doch dann gab es 1998 eine CD-Box mit wesentlich mehr Material, immer noch freilich nur Auszüge.
Von der Autorin selbst vorgetragen, ging mir der besondere Stil des Buchs gut ins Ohr, und ich hatte eine herrliche Zeit mit Hildegard Knefs Abenteuern am Broadway und anderswo. Nebenbei: es ist ein Abenteuer besonderer Art, die gleichlautenden Passagen der beiden Aufnahmen – zwischen ihnen liegen fast 30 Jahre – stimmlich zu vergleichen.
Damit wir uns nicht missverstehen: Autorenlesungen sind von abenteuerlich unterschiedlicher Qualität, die meisten sind einfach fürchterlich. Die beiden genannten Beispiele sind ohnehin nicht exemplarisch, da ja beide Interpretinnen auch sonst am Mikrofon gearbeitet haben.
Charles Dickens (der eigentlich Schauspieler werden wollte) soll übrigens ein ganz fabelhafter Vorleser der eigenen Texte gewesen sein. Das müssen wir unseren Vorfahren jetzt einfach mal glauben.