Die wiedergefundene Textstelle: Herodes-Monolog des amerikanischen Präsidenten

betr.: Brandmauer gefallen

Was erwarten Sie nun von mir und den Vereinten Nationen – wenn auch nicht unbedingt in dieser Reihenfolge? Was sollen wir machen? Ändern, was Sie für unsere Zukunft halten, indem wir zwei unschuldige Geschöpfe töten? – Nein, drei sogar, nachdem eins von ihnen schwanger ist.
Herodes hat das auch versucht, und Christus blieb am Leben. Außerdem machte es ihn unpopulär – historisch unpopulär. Und das wollen wir doch nicht werden, oder?

Ich will damit sagen, dass unsere Gäste offensichtlich charmante, friedliebende Leute sind – oder sagen wir besser: Geschöpfe – und dass die Wähler sie lieben. Natürlich möchte ich nicht, dass die Nachkommen dieser Geschöpfe die Welt beherrschen. Doch das wird kaum vor der nächsten Wahl passieren. Aber eines Tages, wenn die Nachkommenschaft so wohl gerät wie die Eltern … wer weiß? Vielleicht machen sie es besser als wir es gemacht haben.
Sie haben sich zu den düstersten Prognosen provozieren lassen, mein Freund. Womit ich nicht sagen will, dass sie absolut im Unrecht sind. Doch bevor ich die beiden an die Wand stellen lasse, will ich davon überzeugt sein, dass das Menetekel auch wirklich ernst zu nehmen ist. Also: überzeugen sie mich!
Glauben Sie denn wirklich, dass durch eine gegenwärtige Aktion diese Möglichkeit aus der Welt geschafft wird, dass wir die Zukunft ändern können? Und glauben Sie auch, dass wir es tun sollten? Hätten wir mit der Macht, die Zukunft zu ändern, zugleich auch das Recht dazu? Wenn wir die Vernichtung der beiden wollen, gehorchen wir dann Gottes Willen oder bekämpfen wir ihn? Sind wir seine Widersacher oder sein Werkzeug? Ein Attentäter würde letzteres sagen. Und billigen Sie Attentate?
Das Attentat auf Hitler haben wir gebilligt, weil er das Böse verkörpert hat. Aber hätten wir es auch gebilligt, wenn er schon als Baby ermordet worden wäre? Oder seine Mutter, als sie mit ihm schwanger war? Oder alle seine Vorfahren?

Der US-Präsident (William Windom) denkt in „Escape From The Planet Of The Apes“ darüber nach, in den Lauf der Geschichte einzugreifen. Nach einem Drehbuch von Paul Dehn.

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Abbruch unserer Traumkulisse

betr.: Waldbrände in Kalifornien

Unser Bild von Kalifornien wurde von Film und Fernsehen geprägt. Diese Medien sind seither zu einem guten Teil untergegangen – so wie Kalifornien in den Feuern der letzten Wochen. Diedrich Diederichsen denkt in einem klugen Artikel in der „taz“ darüber nach und zeiht sich zu Beginn des „Trauerluxus“, als er sich dabei ertappt, ganz subjektiv betrübt zu sein über den Untergang der Schauplätze persönlicher Erinnerungen: „Skepsis, Darkness unter sehr hohen Palmen bei strahlender Sonne – das ist auch ein Klischee, das von Kenneth Angers Skandalchronik ‚Hollywood Babylon‘ bis zu James Ellroys Ober-Noir immer wieder bedient wurde. Es hat seinen Ursprung in dem Umstand, dass eine globale Kulturindustrie von L.A. aus agiert, die in ihren Produkten die Spezifik und Örtlichkeit ihres Produzierens ausblenden muss. Sie muss universell sein. Doch durchbricht sie diese Regel für ein bestimmtes, in ihr Portfolio fest eingebautes Genre, den stets tragischen oder tragikomischen Blick auf sich selbst: von Billy Wilders ‚Sunset Boulevard‘ (1950) bis David Lynchs ‚Mulholland Drive‘ (2001). Die Spätform davon kann man in jenem gepflegten TV-Museum der 10er Jahre besichtigen, das uns unter dem Namen ProSieben werktäglich von Malibu (‚Two And A Half Men‘, 2003-15) bis nach Pasadena (‚The Big Bang Theory‘, 2007-19) durch das ganze L.A.-County mitnimmt. Genauer und auf einem neueren Stand war zuletzt ‚Trans Parent‘ (2014-19). (…) Was es ökologisch wie ökonomisch bedeutet, eine Metropole auf Wüstensand zu bauen und dies gegen andere schon bestehende Lebensformen durchzusetzen, erklärt ‚Chinatown‘ (1974) von Roman Polanski. Warum das einst vielversprechende ÖPNV-System auf den Druck der Öl- und Autoindustrie schon in den 1930ern im Zuge der sogenannten General Motors Streetcar Conspiracy abgewrackt wurde, wissen wir aus ‚Falsches Spiel mit Roger Rabbit‘ (1988) von Robert Zemeckis. (…) Los Angeles ist der am weitesten entfernte Ort, an dem – so wird uns zumindest pausenlos vermittelt – noch Leute wie wir leben: ‚The Nearest Faraway Place‘, wie die ‚Beach Boys‘ es nannten.“

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Tierhaargespräche

geführt von Monty Arnold

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Plötzlich appetitlos

betr.: Auschwitz vor 80 Jahren befreit

Eine gutgelaunte Reisegruppe ist hungrig und freut sich auf das Essen. Doch das kommt nicht. Zu der Reisegruppe gehöre auch ich. Wir sitzen in einem Restaurant am Mittelmeer im Libanon. Das ist wenige Jahre her – da konnte man dieses Land noch gut besuchen, seine uralte Kultur bestaunen, seine moderne Vitalität erleben und seine levantinische Küche genießen. Doch die Kellner, zwei junge Libanesen, ignorieren ihre Gäste. Bis unser libanesischer Reiseleiter mit ihnen spricht, danach sind sie wie ausgewechselt. Sie haben gedacht, wir kämen aus den USA, und weil die USA mit Israel paktieren, wollten sie uns nicht bedienen. Deutsche waren ihnen dagegen herzlich willkommen, denn wir Deutsche hatten uns Jahrzehnte zuvor alle Mühe gegeben, so viele Juden zu ermorden wie möglich.

Aus der heutigen „Morgenandacht“ im Deutschlandfunk von Pfarrer Stephan Krebs

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Die wiedergefundene Textstelle: Familie und Tyrannei

betr.: Zweite Amtszeit des 47. Präsidenten der USA

Giorgio, ein Kind, von dessen besonderer Güte und Schönheit und Intelligenz die ganze Familie überzeugt war, wurde von allen gefürchtet. Der Vater, die Mutter, der Großvater und die Großmutter väterlicherseits, die Dienstmädchen Anna und Ida – sie alle litten unter dem ständigen Albdruck von Giorgios Launen. Keiner aber hätte es gewagt, dies zuzugeben. Vielmehr überboten sich alle in Lobeshymnen, auf der ganzen Welt gäbe es kein zweites so liebes, zutrauliches, fügsames Kind. Jeder versuchte den anderen in hysterischer Bewunderung noch zu überbieten. Und jeder zitterte bei dem Gedanken, das Kind unabsichtlich zum Weinen zu bringen – weniger wegen der Tränen an sich, über die man sich leicht hätte hinwegsetzen können, als wegen der Vorwürfe der übrigen Familie. In Wahrheit war ihnen die Liebe zu dem Kind weitgehend ein Vorwand, um ihre Bosheit aneinander auszulassen und einander ständig zu überwachen. Freilich war es in der Tat schreckenerregend wenn Giorgio in Zorn geriet. Mit der Schlauheit, die für diese Art Kinder bezeichnend ist, verstand er es sehr genau, die Wirkung seiner Waffen abzumessen. Er hatte sich hierfür eine ganze Stufenfolge zurechtgelegt. Ging ihm eine Kleinigkeit gegen den Strich, fing er einfach an zu weinen, und sein Schluchzen war so, dass man glaubte, es müsse ihm die Brust zerreißen. In ernsthafteren Fällen, wenn es sich darum handelte, durch eine länger andauernde Aktion ein bestimmtes Ziel zu erreichen, verlegte er sich aufs Trotzen. Dann sprach er kein Wort, spielte nicht und verweigerte die Nahrungsaufnahme, womit er binnen eines Tages die Familie in restlose Verzweiflung versetzte. Bei ganz wichtigen Anlässen hatte er die Wahl zwischen zwei Taktiken. Die eine bestand darin, dass er vorgab, an geheimnisvollen Gliederschmerzen zu leiden – Kopf und Bauchschmerzen schienen ihm weniger ratsam, denn da bestand immer die Gefahr, dass man ihm Abführmittel eingab. Die andere vielleicht noch schlimmere Methode bestand darin, dass er einfach zu brüllen begann. In solchen Fällen gab es praktisch keinen Widerstand. Giogrio blieb sehr rasch Sieger und hatte das doppelte Vergnügen, zu sehen wie seine Wünsche befriedigt wurden und wie die Großen einander wechselseitig beschuldigten, das arme Kind zur Verzweiflung gebracht zu haben. (…) sein Großvater [war] ein Oberst im Ruhestand, der in der Regel nicht wusste, was er mit sich anfangen sollte. [Demselben] Mann, der einst an der Spitze seiner Reiterei am Fuß des Montello eine tollkühne Attacke gegen die Maschinengewehrstellungen der Österreicher geritten hatte, lief [dann] ein Schauer über den Rücken.

Dino Buzzati wurde 1906 in San Pellegrino geboren. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit arbeitete er als Maler, Zeichner und Bühnenbildner und war langjähriger Redakteur der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“. Buzzati starb 1972 in Mailand. Percy Eckstein und Wendla Lipsius übersetzten seine Erzählung „Das despotische Kind“ für den Band „Aus Richtung der unsichtbaren Urwälder“, Klaus Wagenbach Verlag.

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Der Pritt-Stift des Grafen von Monte Christo

betr.: wieder im Kino: „Der Graf von Monte Christo“ – Regie: Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière

Mit zehn Jahren sah ich eine der unzähligen Verfilmungen von „Der Graf von Monte Christo“ im Fernsehen. Von allen weiteren habe ich danach die Finger gelassen, denn die Geschichte war mir nun so geläufig, dass ich fürchtete, mich in einem weiteren breit erzählten Historienfilm oder TV-Mehrteiler (das an diesen Stoff gekettete Format) ein wenig langweilen zu müssen. Auch die aktuelle Neufassung werde ich sicher auslassen.
Doch das Anschauen dieses Films in Kindertagen (ich glaube, es war eine Umsetzung in Schwarzweiß) hat mich geprägt.
Der Held Edmond Dantès bereitet die Rache an den drei Verrätern, die ihn unschuldig für Jahre ins Zuchthaus gebracht haben, akribisch vor. Als erstes legt er Dossiers über sie an, widmet jedem von ihnen ein hübsch gestaltetes Sammelalbum. Die Schufte, deren Namen in schönen Lettern auf dem jeweiligen Titelblatt prangen, kennen das eigene Leben vermutlich weniger gut als in diesen Akten vermerkt ist und würden sich geschmeichelt fühlen, wenn sie davon wüssten. Diese drei Bücher liegen auf dem Tisch des selbsternannten Grafen, und wann immer er einen von ihnen zur Strecke gebracht hat, sehen wir, wie er den Band umdreht und den Schriftzug unserem Blick entzieht, einen nach dem anderen: Montcerf, Danglars, Villefort.
Meine Neigung, Sachen auszuschneiden, einzusortieren, abzuheften und später wiederzulesen,  war wohl schon in mir angelegt, denn an keinen Dialog, keine Kerker-, Fecht- oder Liebesszene erinnere ich mich besser als an diese Großaufnahmen der hübsch gestalteten Bände auf dem Tisch des Helden – und wie sie schließlich umgedreht werden.

Als kurz darauf der Tod zweier Legenden der Popkultur – Elvis Presley und Charlie Chaplin – zu einer Unzahl von einschlägigen Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln führte, dachte ich: die gehören auch gesammelt und eingeklebt. Ich klebte drei DIN A4- Schulhefte zusammen und gestaltete aus Schuhkarton-Einlegepappe Titelseiten, die nach dem klassischen TV-Vorbild nur den (etwas krakeligeren) Namensschriftzug trugen.
Gleich nach Chaplin und Presley wurde ich etwas seriöser, ging zu Ringbüchern über und leistete mir auch ein paar Second-Hand-Klarsichthüllen. Doch dieses Hobby hat sich erhalten und nahtlos in meine erst private, bald berufliche Beziehung zur Popkultur und ihrem Personal hinübergeführt. Der Niedergang der Printmedien lässt die Sammlung in letzter Zeit etwas langsamer wachsen.

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Tierhaargespräche

geführt von Monty Arnold

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Wenn Margaret Dumont die Nouvelle Vague noch erlebt hätte

betr.: 97. Geburtstag von Jeanne Moreau

Die Komödiantin Margaret Dumont verdankt ihren ewigen Platz in der Filmgeschichte ihren regelmäßigen Zusammenstößen mit den Marx Brothers – weitaus mehr als das umgekehrt der Fall wäre, doch sie war schon sehr effektiv in der Rolle der schusseligen Matrone. Groucho Marx hat später in der „Dick Cavett Show“ sehr schlecht von ihr gesprochen, hat ihr unterstellt, keinen einzigen der Gags begriffen zu haben, an denen sie beteiligt war. Gewiss hatte sie nicht die Bühnenintelligenz der diversen Partnerinnen von Laurel und Hardy (insbesondere ihrer Nemesis vom Dienst Mae Busch). Doch nachdem ich diese Kritik aus dem Munde des Chef-Marxes gehört hatte, habe ich auf Frau Dumont ein Extra-Auge geworfen und denke, sie holt aus ihrem (im Vergleich zu Busch & Co.) stark eingeschränkten Kraftfeld Spielfläche das Beste heraus.
Die französische Charakterschauspielerin Jeanne Moreau erzählte in einem Interview, sie sei im Nachhinein unglücklich mit „Die Braut trug schwarz“ (– da bin ich ganz ihrer Meinung). Sie führte weiter aus, inzwischen würde sie diesen Part viel humorvoller anlegen. Mir fehlt die Fantasie, mir das innerhalb des Regiekonzeptes von François Truffaut vorzustellen. Margaret Dumont wäre (hätte sie etwas später gelebt) mit ihrer redlichen, leicht überforderten Entschlossenheit, eine gute Figur zu machen, in dieser Rolle sicher großartig gewesen. Gerade wenn sie – Grouchos Kritik anerkennend – gar nicht begriffen hätte, was Truffaut eigentlich von ihr will, wäre vermutlich ein sehenswerter Film dabei herausgekommen.   

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Pack schlägt sich, Pack verträgt sich nicht

betr.: Bruchlininen im deutschen Amüsiergewerbe

Fortsetzung vom 18.1.2025

Mit etwas interessiertem Abstand kann man ohnehin zu dem Ergebnis kommen, dass für Kabarett und Comedy gleichermaßen gilt, was auch auf Kino, Literatur, Oper, Rotwein und das deutsche Fernsehen zutrifft: das Allermeiste ist Mist. Comedians sprechen selten despektierlich über Kabarettisten: sie ignorieren die Kleinkunst, die ihnen unmittelbar vorausging. Vertreter des Kabaretts äußern sich mit umso größerer Sorgfalt kritisch über Comedy. Kritisch heißt: sie versuchen, ihre Ablehnung komisch klingen zu lassen.

Der Kommentar des hochangesehenen Passauer Humoristen Sigi Zimmerschied sei hier stellvertretend wiedergegeben (mit Dialekt-Verschriftlichung, da diese zur Botschaft gehört): „I habs amol für mich so formuliert, dass Kabarett die Unterhaltung bricht und Comedy bis zum Erbrechen unterhält. A Comedian, der versucht halt, witzig zu sein. Kabarettisten haben einen echten Hau! Wia hom an Defekt im Kopf, der einfach aufgearbeitet werden muass. Abteilung Forschung! Hirnforschung! Ich bin froh, dass i’s auf der Bühne ausleben kann. Und ihr derft’s a froh sei. Mei Großvater war immerhin a Doppelmörder. Könnte sein, dass do no was mitschwappert in mir.“

Wie funktioniert dieses Statement? Die Bosheit zu Beginn täuscht ein Augenzwinkern vor – launiges Wortspiel verpackt derbe Beschimpfung („zum Kotzen“) -, dann wird ein Eigenlob als Selbstkritik verkleidet (à la: wir Kabarettisten sind zwar bekloppt, aber in ehrenhafter weil für unser Handwerk nützlichen / unverzichtbaren Weise), und schließlich wird auch noch ein skandalöser familiärer Aspekt angedeutet, der schon deshalb nicht sehr eindrucksvoll ist, weil ja niemand etwas für das Treiben seines Großvaters kann. Das wird in Mundart serviert, da diese im Ruf steht alles etwas gemütlicher und halb so wild erscheinen zu lassen, falls sich doch mal jemand aufregen sollte.

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Zum Tode von Bertrand Blier

Eine respektlose Würdigung

Bertrand Blier ist gestern von uns gegangen. Ich gebe zu, meine Trauer, soweit sie meine persönliche Beziehung zu seinem Schaffen betrifft, hält sich im Rahmen. Zu Lebzeiten hat es der Künstler nicht geschafft, meine Vorurteile zu durchbrechen.

Als Bliers Durchbruch gilt der Film „Die Ausgebufften“ von 1974, der auch einen seiner Hauptdarsteller groß machte: den jungen Gérard Depardieu. Ich habe diesen Schauspieler nie gemocht, und dann kam nach und nach noch seine mich geradezu abstoßende physische Heruntergekommenheit hinzu, die sich nur allzu gut mit der schlechten Publicity der letzten Jahre zu einem stimmigen Bild zusammenfügte. Weiterhin sind mir als keineswegs prüdem Menschen Zoten ein Graus. „Die Ausgebufften“ heißt im Original „Les Valseuses“. Damit sind nicht etwa Walzerfreundinnen gemeint, sondern die schaukelnden Hodensäcke der Helden Jean-Claude und Pierrot.

Freilich habe ich Bliers Arbeit (im Gegensatz zu der Dépardieus) zu sehr vernachlässigt, um mir wirklich eine Meinung zu bilden, und so werde ich mir als nächstes „Den Mörder trifft man am Buffet“ endlich einmal ansehen.
Möglicherweise werde ich auf meiner ungehörigen Haltung sitzenbleiben, dass das Beste an Bertrand Blier sein Vater Bernard gewesen sein mag. Dieser füllige Charakterkopf hatte den ungeheuren Vorzug, sowohl einschüchternde Amts-, Respekts- und Halbweltpersonen glaubhaft verkörpern zu können als auch ihre Karikaturen.
Bernard Blier konnte wahnsinnig komisch sein!
Das größte Kabinettstück seiner Karriere ist der berühmteste Dialog der französischen Filmgeschichte (zumindest aus bunderepublikanischer Sicht). Bliers Gegenüber ist Louis de Funès, und beide treffen 1971 in „Hasch mich, ich bin der Mörder“ aufeinander. Der Dialog beginnt mit de Funès und geht so: „Wer?“ – „Sie!“ – „Ich?“ – „Ja!“ – „Nein!“ – „Doch!“ – „Ooooh!“
 

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