Kultfilm Azubis: Heimatfront und Schattenreich

In bedrohlichen Zeiten wollen wir in unserem Podcast heute zwei Filme in Augenschein nehmen, die davon handeln, dass sich reale Menschen in der Spätphase des Krieges aus der Geschichte stehlen, hinein in eine Allegorie, in eine phantastische Parallelwelt:

https://alle42kultfilme.letscast.fm/episode/pans-labyrinth-und-andere-tueren-ins-schattenreich

A) Pans Labyrinth / El laberinto del fauno
Spanischer Fantasy-Horror-Thriller von 2006

Der spanische Bürgerkrieg ist mit dem Sieg von Francos Faschisten zuendegegangen, der Zweite Weltkrieg tritt in seine letzte Phase ein. Die kleine Ofelia zieht mit ihrer schwangeren Mutter Carmen zu ihrem neuen Stiefvater. Der brutale Hauptmann Vidal hat in den nordspanischen Bergen einen Stützpunkt in einem Mühlenhof errichtet, um die Rebellen zu jagen, die sich in den Wäldern verstecken. Ofelia, die er mit noch größerer Verachtung straft als alle übrigen Menschen in seinem Umfeld, wird von einem hoch- und bocksbeinigen Fabelwesen in einen Brunnen gelockt, der durch ein Labyrinth vom Grundstück getrennt ist. Der Faun sieht in den Mädchen die Thronfolgerin eines unterirdischen Märchenreiches. Er will sie aber auf die Probe stellen, ehe er sie dorthin mitnimmt …

Der Mexikaner Guillermo del Toro ebnete sich mit seiner opulenten Mischung aus Kriegs- und Märchenfilm den Weg nach Hollywood. Mit seiner sattfarbigen, aufwendig retuschierten Bildästhetik veränderte er den Look des Mainstreamkinos nachhaltig. Trotz seiner angesichts von Sujet und Hauptfigur hohen Altersfreigabe brachte es der Film auf ein weltweites Einspielergebnis von 83,9 Millionen US-Dollar und performt seither prächtig in den Heimkinos.

B) Zwischen zwei Welten / Between Two Worlds
Phantastisches US-Melodram von 1944

Eine bunt zusammengewürfelte Gruppe Londoner Flüchtlinge ist glücklich, dem deutschen Bombenhagel entkommen zu sein und sich auf einem Dampfer zu befinden, der sie nach Amerika bringen soll. Ihre Erleichterung ist so groß, dass ihnen ein paar Merkwürdigkeiten zunächst nicht auffallen. So ist das einzige Besatzungsmitglied ist ein älterer Steward, der ihren Fragen ausweicht und sie immer wieder ermuntert, es sich bequem zu machen. Einzig ein Paar junger Selbstmörder ahnt, was hier gespielt wird: die Reise führt nicht über den Atlantik, sondern über den Styx – geradewegs ins Totenreich …

„Zwischen zwei Welten“ ist wie der Kultfilm und Klassiker „Casablanca“ ein Liebesdrama der Warner Brothers aus der Kriegszeit, das von ihm zwei wichtige Nebendarsteller übernimmt. Das zentrale Liebespaar – Paul Henried und Eleanor Parker – ist etwas blass, umgibt sich jedoch mit einem wahrhaft malerischen Ensemble. „Outward Bound“, das zugrundeliegende Theaterstück von Sutton Vane, stammt von 1923 und profitiert davon, dass es in die Gegenwart der Filmadaption übertragen wird: den zweiten Weltkrieg.

In der nächsten Woche begrüße ich meinen Kollegen Dieter Landuris vom Podcast „Die Guten von gestern“ zu einem TV-Special. Wir sprechen über die legendäre Nazi-Folge aus der Serie „Raumschiff Enterprise“ und begeben uns mit Jacques Tourneur in die „Twilight Zone“.

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Tierhaargespräche

geführt von Monty Arnold

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Nature Writing

Diese literarische Aufarbeitung der Natur boomt auch im deutschsprachigen Raum, ist jedoch ein sehr altes Genre. Persönliches mit Natur zu verknüpfen, ist ein Markenzeichen des „Nature Writing“. So durchschwamm die kanadische Autorin und Vierjahreszeiten-Schwimmerin Jessica J. Lee die Seen Berlins und berichtete über die stabilisierende Qualität dieser Unternehmung in „Mein Jahr im Wasser. Tagebuch einer Schwimmerin“ (2017). Und der Oxford-Professor Charles Foster erzählt in „Der Geschmack von Laub und Erde – Wie ich versuchte, als Tier zu leben“ (2018) von einem radikalen Selbstversuch, der ihm auch verriet, was es bedeutet, Mensch zu sein.

Das Konzept stammt aus den USA, wo Henry David Thoreau (1817-62) ungewöhnlicherweise die Natur zur literarischen Hauptfigur machte, insbesondere in seinen Tagebüchern. Darin legte er ellenlange Listen etwa über Apfelsorten an, ihr Vorkommen und ihre Charakteristika. Sein berühmtestes Buch „Walden oder Leben in den Wäldern“* hingegen ist mehr Pamphlet als Literatur. 1845-47 lebte der Autor für zweieinhalb Jahre allein in einer selbstgebauten Hütte am Walden-See in Massachusetts. Er praktizierte die große Verweigerung und inspirierte damit die amerikanische Bürgerrechtsbewegung und Generationen von Aussteigern. Menschen auf Sinnsuche fasziniert er bis heute. („Ökonomie“ heißt das erste und zugleich grundlegende Kapitel, in dem er von den Motiven berichtet, die ihn zum radikalen Schritt in die Einsamkeit gebracht haben.) Thoreau war einer der ersten großen Visionäre eines „anderen“ Amerika.
Eine andere wichtige Vertreterin des Genres ist die US-Amerikanerin Josephine Johnson (1910-1990), bis heute die jüngste Trägerin des renommierten Pulitzer-Preises. Sie bekam ihn 1935 mit 24 für ihren ersten Roman „Novemberschwestern“ („Now In November„, 1934). Schon dieser Roman über eine Farmersfamilie während der Großen Depression gibt der Natur ein Gewicht, macht sie neben den Figuren zur gleichberechtigten Protagonistin. Johnson veröffentlichte ein weiteres Dutzend Bücher, die alle vergriffen sind.1969 machte sie noch einmal Furore. Sie und ihr Mann hatten beschlossen, ihre Farm an die Natur zurückzugeben. Was sich dann abspielte, beobachtete die Autorin ein Jahr lang. „Ein Jahr in der Natur“ („The Inland Island„) ist ein Meilenstein des Nature Writing.**

Unabhängig von den genannten Klassikern hat der französische Naturforscher Jean-Henri Fabre im Rahmen eines privaten Experiments, das 1879 begann, mit seinen viele Bände umfassenden „Souvenirs Entomologiques“ die Verhaltensforschung und die Ökophysiologie begründet und wurde sogar für den Literaturnobelpreis erwogen.***

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* Hier als Lesung in Fortsetzungen: https://www.ardaudiothek.de/episode/urn:ard:episode:af7c1fa8e64451ab/
** Josephine Johnson. Ein Jahr in der Natur. Deutsch von Bettina Abarbanell. 276 Seiten. Die Andere Bibliothek / https://www.srf.ch/audio/passage/josephine-johnson-pionierin-des-nature-writing?id=AUDI20251031_NR_0003
*** Siehe dazu https://blog.montyarnold.com/2014/12/21/schatzmeister-silberfisch/

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Tierhaargespräche

geführt von Monty Arnold

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Kultfilm Azubis: Halloween-Special

Unter dem Motto: Landpartie des Grauens

Zu Halloween sprechen Monty Arnold und Torben Sterner mit Susann, Asfaha und Sven vom Podcast „Filmtieftauchen“, bei denen sie schon zu Gast waren, über zwei Horrorfilme – wie sich das gehört.

A) Blutgericht in Texas / The Texas Chainsaw Massacre
US-Horrorfilm von 1974

Sally und ihr im Rollstuhl sitzender dicklicher Bruder Franklin bereisen mit ihren Freunden Pam, Kirk und Jerry das ländliche Texas. Als ihnen das Benzin ausgeht, erkunden sie ein einsames Haus, das – wie sich herausstellt – von einer irren Schlachterfamilie bewohnt wird, die sich von Menschenfleisch ernährt. Ein besonders unangenehmer Geselle ist der eine röhrende Motorsäge schwingende „Leatherface“ – er heißt so, weil er sich die Gesichter seiner Opfer anzieht …

https://alle42kultfilme.letscast.fm/episode/kettensaegen-massaker-und-oma-horror

Der billig produzierte Schocker von Tobe Hooper ist die Mutter des Slasher- und Teenie-Horrorfilms und so blutrünstig, dreist und grauenvoll, dass er jahrelang verboten war. Das ist in diesem Genre eine Auszeichnung, die den Kult in ungeahnte Höhen trieb. Der Kannibale Leatherface geht auf den realen Serienmörder Ed Gein zurück, der ansonsten so unterschiedliche Figuren wie Norman Bates in „Psycho“ und „Buffalo Bill“ in „Das Schweigen der Lämmer“ inspirierte.

B) The Visit
US-Teenie-Horrorfilm von 2015

Die Teenager Tyler und Rebecca haben durchgedrückt, ihre Großeltern besuchen zu dürfen, obwohl sich Mutter Loretta vor langer Zeit restlos mit ihnen überworfen und den Kontakt abgebrochen hat. Während sie eine Kreuzfahrt mit ihrem neuen Lover macht, fahren der extrovertierte Tyler und seine pfiffige große Schwester für eine Woche aufs Land. Rebecca filmt die ganze Reise mit dem Smartphone, um sie zu einer Doku zu verarbeiten. Die Kids werden herzlich empfangen, wundern sich jedoch bald darüber, wie seltsam das Alter die Menschen macht. Nach und nach werden ihnen Oma und Opa immer unheimlicher …

Der gesamte Film ist als Found-Footage-Montage gestaltet. Das mag damit zusammenhängen, dass Autorenfilmer M. Night Shyamalan nach seinem Durchbruch mit „The Sixth Sense“ einen Abstieg hinnehmen und kleinere Brötchen backen musste. Doch die kleine Form bekommt dem Ergebnis ausgezeichnet. „The Visit“ ist ein klug aufgebautes, raffiniertes und gut besetztes Kammerspiel, das sämtliche Shyamalan-Unsitten davor und danach vermeidet. Sogar die Synchronfassung ist meisterlich.

Unsere Gäste:

FILMTIEFTAUCHEN
Der Film-Podcast mit historischem Faktencheck

Wir – die Kunsthistorikerin und Japanologin Susi, der Filmschaffende Asfaha sowie der Cineast Sven – sprechen jeden Freitag über Filme. Dabei tauchen wir tiefer ein: Wir verbinden unsere Filmanalysen mit historischen Faktenchecks sowie mit filmwissenschaftlichen und gesellschaftlichen Aspekten. Außerdem geben wir Einblicke in die Kultur Japans. Neben unseren regulären Folgen betreiben wir das Format „Kurzkritik“ – kompakte, spoilerfreie Episoden, in denen wir aktuelle Filme bewerten.

Hier geht’s direkt zu unseren Folgen: https://filmtieftauchen.de/
Unser Instagram-Profil: https://www.instagram.com/filmtieftauchen_podcast/
Unser Podcast auf Spotify: https://open.spotify.com/show/0lo1gfUS6NNTfCnEI8Yp0o

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Wie man Aliens einseift

betr.: Aktuelle Filmkritik

Im heutigen News-Short des Kultfilm-Podcasts sprechen Monty Arnold und Torben Sterner über:

BUGONIA
Gesellschafts- und SF-Groteske von Giorgos Lanthimos

Der Landbursche Teddy (Jesse Plemons) glaubt an eine Unterwanderung der Erde durch Außerirdische. Auch seinen schüchternen Cousin und Mitbewohner Donnie überzeugt er von dieser These. Gemeinsam entführen sie die taffe Michelle (Emma Stone), CEO eines Biomedizin-Konzerns. Die Gefangene spult das Programm ab, das ihr für einen solchen Fall in Coachings eingeimpft wurde: sie leugnet, säuselt, wiegelt ab, heult und droht. Doch Teddy ist unerbittlich. Er betreibt mit Foltermethoden, dass sie ihn und Donnie in fünf Tagen im Rahmen einer Mondfinsternis mit ihren außerirdischen Artgenossen zusammenbringt. Mit viel Verhandlungsgeschick will er den Untergang der Welt abwenden.

Dieses Remake der südkoreanischen Science-Fiction-Komödie „Save the Green Planet!“ trägt nicht nur die Handschrift seines Regisseurs, es fügt sich mit seinem Genremix, in dem der Horror weit vorne steht, auch ins Werk seines Produzenten Ari Aster nahtlos ein.

https://alle42kultfilme.letscast.fm/episode/bugonia-aktuelle-filmkritik

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Von wegen Winterdepression

Im hinteren Teil des aktuellen „Spiegel“ tut sich das Winterlöchlein im Rahmen eines Interviews auf, in dem die Psychologin Kari Leibowitz ganzjährig hilfreiche Tipps verrät. Was tun gegen die Niedergeschlagenheit der lichtlosen Jahreszeit? Vor allen jetzt, da die Umschaltung auf Winterzeit uns die letzten lichten Wohnminuten zwischen Schichtbeginn und Feierabend auch noch weggebissen hat.
Erst einmal wird es bitter. Nicht jeder, der zwischendurch über graues Wetter jammert, kann sich gleich damit brüsten, eine Winterdepression zu schieben. Diese ist nämlich ein seriöser medizinischer Terminus, der an eine Reihe von Symptomen gebunden ist. Auch wenn er in der Alltagssprache ähnlich unsachgemäß verwendet wird wie etwa das Wort „Kultfilm“*.
Aber dann folgt viel Aufmunterndes.
Leibowitz: „Man muss nach kleinen Gelegenheiten suchen. Ich glaube, dass viele Menschen Dinge tun, die sich nicht optimal anfühlen, aber optimal sind. Was würde passieren, wenn wir ein Experiment machen: Ich sage eine Woche lang, vielleicht in der Woche vor Weihnachten, zu allem Nein, zu dem ich Nein sagen kann. Die Leute sind oft überrascht, was da zusammenkommt. Andere Möglichkeiten können sein: An einem Abend in der Woche legt man sein Handy weg, man schaut am Wochenende nicht in die E-Mails. Die Pausen summieren sich und machen einen Unterschied aus.“
Wer das jetzt einfach grundsätzlich befolgt – vor allem die letzten beiden Ratschläge –, für den geht die Sonne so richtig auf. Wetterunabhängig.

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* Siehe https://alle42kultfilme.letscast.fm/episode/was-ist-ein-kultfilm

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Tierhaargespräche

geführt von Monty Arnold

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Schwinger feiner Sicheln

betr.: Florian Illies: „Wenn die Sonne untergeht: Familie Mann in Sanary“; Volker Weidermann: „Wenn ich eine Wolke wäre“; „Der Spiegel“ Nr. 43/2025

In einem Artikel des „Spiegel“-Literaturteils wirft Andreas Bernard einen kritischen Blick auf die aktuelle Erfolgsmasche, die Biographien großer Persönlichkeiten als Roman zu erzählen. Dass ein Publizist wie Volker Weidermann damit ein Genre regelrecht (mit)begründet haben soll, ist gleichwohl eine sehr kollegiale Einordnung. Es mag sein, dass solche Bücher gerade boomen, doch es hat solcherlei schon vielfach gegeben. Logo. Selbstverständlich. Schon ewig.

Ein beliebiges Beispiel ist mir in meiner Kindheit gleich multimedial begegnet und bis heute unvergesslich (und auch dieses war nicht das erste). 1976 erschien Alex Haleys berühmte Familiensaga „Roots“, die schon im folgenden Jahr mit großem Erfolg fürs Fernsehen verfilmt wurde. Dass diese erste umfassende Aufarbeitung der Verschleppung der afrikanischen Sklaven in die USA quasi zur Autobiographie des Autors hinführt, ändert nichts an ihrer romanhaften Schilderung von Ereignissen, die Haley nach guter Historikersitte nicht persönlich miterleben konnte. Soweit ich mich erinnere hat er damals die Formel 30% Recherche / 70% Erfindung angegeben.

Jünger noch und auch schon ewig her ist die vor lauter selbstverliebt-geschwätziger Rachsucht schier unlesbare „Biographie“, die Maria Riva ihrer Mutter Marlene Dietrich ins noch offene Grab hinterherwarf. In epischer Breite erzählt sie uns beispielsweise, was an ihrer Wiege alles geredet und später hinter ihrem Rücken getuschelt wurde. Auch sonst hört das Gequassel, hören die Schilderungen noch des popeligsten Kleinkrams nie auf. Klar: dieses Buch ist kein Roman, es läuft sogar unter „Autobiographie“, doch die im Artikel thematisierte „Illusion von Anwesenheit“ wird hier mustergültig vorgeführt.
Die aktuellen Sätze, die Bernhard aus den Werken von Weidermann und Florian Illies zitiert, sind ganz in diesem Stil gehalten: „Golo und seine halbwegs genesene Mutter sitzen noch auf der Veranda und trinken etwas, sie Lindenblütentee, er einen Wein. Kaum ein Windhauch rührt sich, die feine Mondsichel steht am Firmament, alles ist ruhig, nur in der Ferne bellen ein paar Hunde.“ Oder, genauso cheesy: “Staunend und begeistert sieht sie in den Cafés und Restaurants die Leute vor ihren vollen Tellern sitzen, vor ihren Biergläsern und Torten mit Bergen von Schlagsahne. Es scheint, als würden sie Sahne mit Sahne essen.“

Diese Schreibe ist besonders beklemmend, wenn – wie hier – das Leben einer Poetin und das eines legendären Schriftstellerclans aufbereitet werden.

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Die wiedergefundene Textstelle: Prolog zum „Großen Walzer“

betr.: 200. Geburtstag von Johann Strauß*

Musik, Melodie, Rhythmus. In Wien herrschte vor mehr als 100 Jahren nicht nur ein Kaiser, sondern auch ein König: Johann Strauß (Sohn), der Walzerkönig, der ganz Wien in einen Taumel der Begeisterung versetzte. Schon Johann Strauß (Vater) hatte die tanzlustigen Wiener mit seiner Musik fasziniert. Doch als Komponist wurde er noch weit übertroffen von seinem Sohn, dessen Melodien mit ihren prickelnden Rhythmen einen fast hypnotischen Zwang auf die Tänzer ausübten. Die lebensfrohen Wiener füllten die vielen Ballhäuser, die zum Teil mit großer Pracht ausgestattet waren. Das erste dieser Art, das „Apollo“, bestand aus fünf Riesensälen, 44 weiteren Räumen und drei Glashäusern. Große Kristalllüster erleuchteten den Tanzsaal taghell. Während des Karnevals eilte der Walzerkönig im Zweispänner von Ball zu Ball, denn überall wollte man ihm zujubeln, wollte man tanzen nach einem Walzer von Johann Strauß.

Diese Worte eröffnen 1972 den Film „The Great Waltz“, den nach 1938 zweiten als Biopic dieses Titels zurechtgemachten Film des traditionsreichen Musical-Filmstudios MGM.
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* Keine Ahnung, wer, aber jemand hat vor einigen Monaten festgelegt, man müsse den Walzerkönig nunmehr mit Doppel-S am Ende schreiben, statt wie zwei Jahrhunderte lang mit scharfem S. Ich werde für diesen Unsinn noch ein Weilchen brauchen und bitte dafür um Verständnis …

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